Der Handel mit illegalen Arzneimitteln, gefälschten Medikamenten und Medizinprodukten im Internet ist ein Trend der seit Jahren festzustellen ist. Wie der Tagesspiegel aktuell berichtet, kursieren gerade in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen minderwertige oder gefälschte medizinische Produkte. Schätzungsweise sei – mit Verweis auf eine Studie der WHO aus 2017 – in diesen Ländern etwa jedes zehnte Medizinprodukt davon betroffen. Unter Bezugnahme auf einen Forschungsbericht des Bundeskriminalamts („Arzneimittelkriminalität: ein Wachstumsmarkt“) aus dem Jahr 2017 gehe nach Recherche des Tagesgespiegels hervor, dass der Handel mit gefälschten Arzneimitteln deutlich lukrativer sei als der Drogenhandel und die Fälschungsbekämpfung aufgrund der länderübergreifenden Lieferketten erschwert ist.
Besonders tragisch wird es, wenn der Tagesspiegel weiter berichtet, dass jährlich mindestens 170.000 Kinder an gefälschten Lungenentzündungsmedikamenten sterben, wobei die Dunkelziffer erheblich größer sein wird. Die Zahlen stammen von der „Fight the Fakes Alliance“, einem Bündnis verschiedener Player der Healthcare-Branche.
Komplexe Lieferketten bieten Angriffsflächen
Durch weltweite komplexe Lieferketten verwischen schnell die Grenzen von Hersteller, Importeuer, Händler etc; dies vor allem denn, wenn sich die Beteiligten alle in unterschiedlichen Ländern befinden. Mit Hinblick auf das Medizinprodukt gilt es hier eine klare Abgrenzung vorzunehmen, weil das Medizinproduktegesetz (MPG) sowie die entsprechenden Nebengesetze bzw. die ab Mai 2021 in Kraft tretende MDR, unterschiedliche Pflichten für z.B. Hersteller, Händler und Importeure vorsehen.
Corona-Pandemie als Fälschungsbeschleuniger
Offensichtlich dient die seit über einem Jahr unsere Welt in Schach haltende Corona-Pandemie als Fälschungsbeschleuniger der besonderen Art, denn wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt und sich hier lukrative Einnahmequellen eröffnen, lassen Produktfälscher oft nicht lange auf sich warten. Die internationale Polizeiorganisation Interpol warnt explizit vor gefälschten Medizinprodukten im Zusammenhang mit Covid-19, wie z.B. Atemmasken, Handdesinfektionsmitteln, antivirale Medikamente , Impfstoffe und Covid-19-Testkits.
Nationale bürokratische Hürden
Nicht ohne Grund werden an das Inverkehrbringen von persönlicher Schutzausrüstung, Medizinprodukten und Arzneimitteln strenge regulatorische Anforderungen gestellt. Produktfälscher ignorieren diese Verpflichtungen. Sie stellen Medizinprodukte, Nahrungsmittelergänzer und Heil- und Hilfsmittel her, die lediglich den Anschein erwecken, als hätten sie die rechtliche Zertifizierung erfolgreich durchlaufen. Das deckt sich mit unserer täglichen Beratungserfahrung. So steht bei der Zulassung von Covid-19-Tests – wie z.B. bei der Beantragung einer medizinprodukterechtlichen Sonderzulassung nach § 11 MPG – die hiesige Bürokratie einer schnellen und pragmatischen Umsetzung im Wege. Gleiches gilt für die Zulassung von Impfstoffen, die nahezu in jedem Land unterschiedlich gehandhabt wird.
Gleichzeitig gibt das Fälschern die Möglichkeit schneller auf dem Markt agieren zu können. Tragisch ist dabei, dass die Volksgesundheit auf der Strecke bleibt und von privaten, wirtschaftlichen Anreizen überlagert wird. Gefälschte oder unzureichende Medizinprodukte, Nahrungsmittelergänzer oder Arzneimittel – seien es Impfstoffe o.Ä. – können lebensbedrohlich sein und müssen unterbunden werden.
Insofern ist es – trotz aller bürokratischen Hürden – unerlässlich, die notwendigen – insbesondere medizinprodukterechtlichen – Regularien einzuhalten. Wichtig ist vor allem eine frühzeitige Befassung mit der Materie, um unternehmerische Fehlschläge zu vermeiden. Gerade im Hinblick auf die im Mai 2021 in Kraft tretende MDR sind Gesundheitsunternehmen gehalten, den regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden.
Rechtliche Instrumentarien zur Fälschungsbekämpfung während COVID-19-Pandemie von besonderer Relevanz
Medizinproduktehersteller, die darauf aufmerksam werden, dass Kriminelle im Internet Fälschungen der von ihnen produzierten, markenrechtlich geschützten Produkte anbieten und vertreiben, sollten Strafanzeige erstatten. Sie können die Ermittlungsbehörden mit wertvollen Informationen zu Schutzrechten, Fälschungsmerkmalen und legalen Vertriebskanälen unterstützen.
Überdies stehen den rechtschaffenen Herstellern zivilrechtliche Ansprüche wie Unterlassung, Auskunft, Rückruf und Vernichtung zur Verfügung. Aus der Anspruchsdurchsetzung im Rahmen einer Abmahnung oder mit gerichtlicher Hilfe resultieren zudem Kostentragungspflichten, die möglicherweise noch durch empfindliche Schadensersatzforderungen ergänzt werden können. Nicht zuletzt haben die Produktfälscher ebenfalls mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen.
Wenn Sie einen erfahrenen und zielstrebigen Partner an Ihrer Seite suchen, der Sie bei Ihrem Fragen rund um das Medizinprodukterecht oder den Möglichkeiten gegen Markenrechtsverletzern und Produktfälschern unterstützt, treten Sie gerne mit uns unter in Kontakt.