Bereits Ende 2021 hätte die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblower in Deutschland in nationales Recht umgesetzt sein müssen, um Hinweisgeber besser vor Sanktionen wie Kündigungen oder sonstigen Benachteiligungen zu schützen. Das betrifft jede Branche so die Gesundheitsbranche und damit auch Krankenhäuser – wer noch nicht die erforderlichen Strukturen etabliert hat, sollte zügig reagieren!
Nationale Umsetzung der EU- Whistleblower -Richtlinie verspätet
Die Große Koalition konnte sich am Ende der letzten Legislaturperiode nicht mehr über Einzelfragen des Gesetzesentwurfs einigen. Die EU-Kommission hat deswegen ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Inzwischen hat das Bundesministerium der Justiz (BMJ) einen neuen Gesetzesentwurf eines Hinweisgebergesetzes vorgelegt, sodass spätestens jetzt konkreter Handlungsbedarf besteht.
Unmittelbare Geltung der EU- Whistleblower Richtlinie
Es ist umstritten, ob die Whistleblower Richtlinie der EU durch die fehlende Umsetzung zum 17. Dezember 2021 bereits vor Inkrafttreten des nationalen Hinweisgebergesetzes unmittelbare Wirkung entfaltet. Die dafür erforderliche hinreichende Bestimmtheit der Richtlinie ist nach der Meinung der Autoren gegeben. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts ist somit davon auszugehen, dass für diese die Regelungen der EU- Whistleblower Richtlinie seit dem 17.12.2021 unmittelbar verbindlich sind. Privatrechtliche Unternehmen sind zwar aktuell noch nicht unmittelbar betroffen, allerdings wird die EU-Richtlinie im Falle von arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen mit Mitarbeitern zur Auslegung des nationalen Rechts herangezogen.
Wer ist betroffen?
Bereits seit dem 18.12.2021 sind juristische Personen mit öffentlich-rechtlichen Eigentümern aufgrund der EU-Whistleblower-Richtlinie zur Einrichtung eines internen Meldesystems für Hinweisgeber verpflichtet. Mit Inkrafttreten des nationalen Hinweisgebergesetzes sind dann zunächst sämtliche Unternehmen ab 250 Mitarbeitern betroffen. Kleinere Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern haben noch bis zum 17.12.2023 Zeit für die Umsetzung.
Einrichtung von Meldewegen für Hinweisgeber
Für hinweisgebende Personen werden mit internen und externen Meldekanälen zwei gleichwertig nebeneinanderstehende Meldewege vorgesehen, zwischen denen sie frei wählen können. Neben einer externen Meldestelle, die u.a. beim Justizministerium angesiedelt ist, sind Krankenhäuser wie andere Unternehmen verpflichtet, eine interne Meldestelle zu schaffen. Wie ein solches Hinweisgebersystem konkret aussehen soll, lässt die EU- Whistleblower Richtlinie offen. Möglich ist es auch, das interne Meldesystem auf externe Dritte auszugliedern. Wichtig ist, dass ein Meldeweg geschaffen wird, über den Hinweisgeber schriftlich, mündlich, digital oder persönlich – auch anonym – Hinweise an das Krankenhaus oder den externen Beauftragten melden können. Wichtig ist die Vertraulichkeit des Meldesystems, damit sichergestellt wird, dass die Identität des Hinweisgebers ebenso gewahrt wird, wie auch die Identität derjenigen Personen, die in der Meldung namentlich benannt werden. Zudem müssen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Was folgt nach der Meldung eines Hinweisgebers?
Die Meldestelle muss dann den Sachverhalt aufklären und Ermittlungen anstellen, um zu prüfen, ob die Meldungen plausibel sind. Auch müssen gegebenenfalls Maßnahmen ergriffen werden, um gegen den gemeldeten Verstoß vorzugehen. Hierfür muss eine unparteiische Person oder Abteilung benannt werden, die für die Folgemaßnahmen zuständig ist. Zudem sind Fristen zu beachten. Eine Meldung muss innerhalb von sieben Tagen nach Eingang gegenüber dem Hinweisgeber bestätigt werden. Spätestens drei Monate nach der Meldung muss der Hinweisgeber eine Rückmeldung, z.B. über getroffene Maßnahmen erhalten.
Praxistipp
Für Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft ist bereits seit Ende 2021 von der Geltung auszugehen und auch Krankenhäuser in privater Trägerschaft ab 250 Mitarbeitern sollten mit einer schnellen Umsetzung des nationalen Gesetzesentwurfs rechnen, da die Regierung Sanktionen aus Brüssel vermeiden möchte. Daher sollten Krankenhäuser zeitnah die erforderlichen Strukturen schaffen. Dabei empfiehlt es sich Rechtsrat einzuholen, um einerseits den gesetzlichen Anforderungen zu genügen und den Schutz von Hinweisgebern zu gewährleisten und andererseits das Risiko von Sanktionen (Bußgeld bis zu 100.000,00 Euro) sowie verschuldensunabhängigen Schadensersatzansprüchen zu vermeiden. Wir informieren und vermitteln gerne, rechtssicher.