27. Mai 2024

Rassistische Äußerungen sind gesellschaftlich nicht zu tolerieren. Werden solche Aussagen gegen Kollegen, Vorgesetzte oder Kunden gerichtet sind, können Arbeitgeber mit guten Erfolgsaussichten kündigen. Schwieriger wird es bei Äußerungen, die außerhalb des Arbeitsverhältnisses erfolgen. Denn die Freizeit geht die Arbeitgeber erstmal nichts an.

Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt hat. Im Kontext rassistischer Äußerungen bedeutet dies:

1. Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten: Rassistische Äußerungen müssen sich auf das Arbeitsverhältnis auswirken, etwa indem sie gegen Kollegen, Vorgesetzte oder Kunden gerichtet sind, als Repräsentant der Firma erfolgen oder einen direkten Bezug zur arbeitsvertraglichen Tätigkeit haben.
2. Schwere der Pflichtverletzung: Die Äußerungen müssen von solcher Schwere sein, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.
3. Abmahnung: In der Regel ist vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erforderlich, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu ändern.
4. Verhältnismäßigkeit: Die Kündigung muss das letzte Mittel sein; weniger einschneidende Maßnahmen dürfen nicht ausreichen, um das Fehlverhalten zu beheben.
5. Interessenabwägung: Es muss eine Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers erfolgen, wobei die Schwere des Verstoßes, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und andere relevante Umstände berücksichtigt werden.

Fehlverhalten in der Freizeit

Haben die rassistischen Beleidigungen keinen Bezug zum Arbeitgeber, beispielsweise weil sie in der Freizeit oder am Wochenende geäußert werden und auch sonst in keinem Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen – so wie nun im aktuellen „Sylt-Video“, verstößt der Arbeitnehmer im Allgemeinen nicht gegen arbeitsvertragliche Pflichten, da das Verhalten außerhalb des Betriebs den Arbeitgeber grundsätzlich nichts angeht.

Möchten Arbeitgeber diese Mitarbeitenden gleichwohl nicht weiter beschäftigen, muss genau hingesehen werden. Denkbar ist, dass das ethisch abzulehnende und evtl. auch strafbare Freizeitverhalten die persönliche Eignung des Arbeitnehmers infrage stellt. In solchen Fällen kann eine (außerordentliche) Kündigung aus personenbedingten Gründen zulässig sein.

Rechtsprechung zur Nazi-Kündigung

Ein Beispiel dafür hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil aus dem Jahr 2012 entschieden. Ein Mitarbeiter der Finanzverwaltung hatte dort als NPD-Aktivist eine E-Mail mit Aufruf zum politischen Umsturz weitergeleitet. Dies genügte für eine erfolgreiche Kündigung (BAG, Urteil vom 06.09.2012, 2 AZR 372/11).

Differenzierter entschied das BAG im Fall eines Angestellten des Landeskriminalamts Thüringen. Dort war dem mit sicherheitsrelevanten Tätigkeiten betrauten Arbeitnehmer fristlos gekündigt worden, nachdem er privat auf sozialen Netzwerken muslimische Zuwanderer u.a. als „Abschaum“ und „Brut“ bezeichnet hatte. Einen Hinweis auf seinen Arbeitgeber gab es dabei nicht. Da der Angestellte bereits seit mehr als 17 Jahren bei seinem Arbeitgeber beschäftigt war, fiel die gerichtliche Interessenabwägung zu seinen Gunsten aus. Der Arbeitgeber hätte den Angestellten während der (ordentlichen) Kündigungsfrist mit anderen, weniger sicherheitsrelevanten Aufgaben beschäftigen können. Damit war die außerordentliche fristlose Kündigung unverhältnismäßig (BAG, Urteil vom 27.06.2019, 2 AZR 28/19).

Fazit

Rassistische Pöbeleien können neben gesellschaftlicher Ächtung und strafrechtlicher Sanktionen auch arbeitsrechtliche Folgen haben. Wie aussichtsreich die Kündigung eines solchen Arbeitnehmers ist und ob diese unter Einhaltung der Kündigungsfristen erfolgen muss oder fristlos wirksam sein kann, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Je eher ein Bezug zum Arbeitsverhältnis und der vertraglichen Tätigkeit besteht, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Wir beraten Sie gerne!

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