Für Ärzte und Zahnärzte, die ihre Praxis in der Rechtsform einer GmbH betreiben, spielt das Zusammenspiel zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht eine entscheidende Rolle. Besonders spannend wird es, wenn Inhaber, die zugleich Geschäftsführer ihrer GmbH sind, aus steuerrechtlichen Motiven über die Möglichkeit eines Minijobs nachdenken. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun mit einem Beschluss vom 9.8.2023 klargestellt, dass dieses Modell für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer keine Option darstellt. Diese Entscheidung hat insbesondere Konsequenzen für medizinische Geschäftsführer, die als Alleininhaber oder maßgebliche Anteilseigner in ihrer GmbH agieren.
Was steckt hinter dem Beschluss?
Medizinische Geschäftsführer, die zugleich beherrschende Gesellschafter ihrer GmbH sind – also entweder mehr als 50 Prozent der Geschäftsanteile halten oder durch Vetorechte erheblichen Einfluss ausüben können – gelten im sozialversicherungsrechtlichen Sinne nicht als abhängig beschäftigt. Diese Einordnung schließt sie von der Sozialversicherungspflicht und damit auch von der Möglichkeit einer steuerlichen Pauschalierung als Minijobber aus.
In dem vorliegenden Fall (BFH-Beschluss vom 9.8.2023, VI B 1/23) wollte ein alleiniger geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis auf Minijob-Basis ausüben. Da er aber sozialversicherungsrechtlich als selbstständig gilt, kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die Anwendung des Pauschalsteuersatzes von 2 Prozent nach § 40a EStG für geringfügig Beschäftigte nicht zulässig ist. Stattdessen musste das Einkommen nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen versteuert werden, und für den fraglichen Zeitraum erfolgte eine Nachversteuerung nach Steuerklasse VI. Auch die Klage des Geschäftsführers blieb erfolglos.
Wichtige Erkenntnisse für medizinische Geschäftsführer
Für Ärzte und Zahnärzte mit eigener GmbH gibt es hier wichtige steuerrechtliche und strategische Überlegungen. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass ein „Minijob-Modell“ für beherrschende Geschäftsführer, die ihre Praxis als GmbH führen, nicht infrage kommt. Die Folgen für unternehmerisch denkende Mediziner sind weitreichend:
- Pauschalversteuerung nicht möglich: Auch wenn die Tätigkeiten des Geschäftsführers auf ein geringfügiges Stundenkontingent begrenzt sind, ist die Anwendung des 2-Prozent-Pauschalsteuersatzes ausgeschlossen, da beherrschende Geschäftsführer sozialversicherungsrechtlich als selbstständig eingestuft werden.
- Volle Steuerpflicht nach individuellen Merkmalen: Medizinische Geschäftsführer, die als beherrschende Gesellschafter tätig sind, unterliegen für ihr Gehalt der Lohnsteuerpflicht auf Basis der individuellen Steuermerkmale (nach Steuerklasse). Wenn es sich um ein zweites Arbeitsverhältnis handelt, greift zudem Steuerklasse VI, die eine höhere Steuerlast bedeutet.
- Rechtssicherheit durch klare Anstellungsverträge: Die Entscheidung des BFH macht die Bedeutung klarer vertraglicher Vereinbarungen für medizinische Geschäftsführer deutlich. Ärzte und Zahnärzte, die in Teilzeit als Geschäftsführer für ihre GmbH tätig sind, sollten sicherstellen, dass ihr Status sowohl steuerrechtlich als auch sozialversicherungsrechtlich korrekt definiert ist.
Unternehmerische Alternativen für Ärzte und Zahnärzte
Das Verbot der Pauschalversteuerung für beherrschende Geschäftsführer in Form eines Minijobs mag zunächst einschränkend wirken. Es gibt allerdings Alternativen, die es erlauben, die steuerlichen und finanziellen Rahmenbedingungen optimal zu gestalten:
- Flexibles Vergütungsmodell für Geschäftsführer: Eine Option besteht darin, das Geschäftsführergehalt in ein flexibles Vergütungsmodell zu überführen, das variable Bestandteile berücksichtigt und die Höhe des Einkommens flexibel gestaltet. Das ermöglicht eine individuell abgestimmte Steuerlast und eine bedarfsorientierte Gestaltung der Arbeitszeiten.
- Gewinnausschüttungen statt Gehaltserhöhung: Da das Geschäftsführergehalt einer hohen Steuerlast unterliegt, können sich z.B. Gewinnbeteiligungen oder Ausschüttungen als Alternative anbieten, um so das Einkommen zu steigern. Dadurch bleibt ein Teil des Gewinns steuerlich begünstigt in der GmbH und steht der Praxis für Investitionen oder Rücklagen zur Verfügung.
- Einsatz alternativer Beschäftigungsmodelle im Praxisbetrieb: Medizinische Geschäftsführer könnten darüber nachdenken, administrative Tätigkeiten oder Verwaltungsaufgaben auf Minijob-Basis an Familienangehörige zu übertragen, sofern diese in der Praxis oder der GmbH beschäftigt werden sollen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten! Die Anstellung muss zwingend den gesetzlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben entsprechen, um das Modell rechtssicher zu gestalten.
Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Absicherung: Ein Muss für unternehmerisch denkende Mediziner
Die Regelung zur fehlenden Pauschalversteuerung ist für viele medizinische Geschäftsführer eine Herausforderung. Die Entscheidung des BFH bringt Klarheit und zeigt, wie wichtig die saubere rechtliche Absicherung in Bezug auf Steuerrecht und Sozialversicherungsstatus ist. Ärzte und Zahnärzte, die als geschäftsführender Gesellschafter ihre Praxis betreiben, sollten daher gemeinsam mit einem spezialisierten Steuer- und Medizinrechtsexperten die Struktur ihrer Praxis-GmbH regelmäßig überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um steuerliche Risiken und Nachversteuerungen zu vermeiden.
Fazit
Der Beschluss des BFH bietet eine wichtige Orientierung für unternehmerisch tätige Ärzte und Zahnärzte dar. Eine klare Trennung zwischen Geschäftsführer- und Gesellschafterfunktion sowie eine gründliche und vorausschauende steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Planung können dabei helfen, rechtliche Fallstricke zu umgehen und das volle Potenzial der eigenen Praxisstruktur auszuschöpfen.
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