Wenn die Zusammenarbeit unter Kolleginnen und Kollegen im Team nicht funktioniert, ist das eine echte Zerreißprobe für den Arbeitgeber. Eine schlechte Teamperformance wirkt sich nicht nur auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus. Gerade auch im Gesundheitswesen kann ein fehlendes Miteinander in Zeiten von Personalmangel zu einer Negativspirale werden, die darüber hinaus zu einem Risikofaktor für die Patientenversorgung wird.
Um dieser Herausforderung proaktiv zu begegnen, gibt es unterschiedliche Ansätze. Je nachdem wie die Herausforderung gelagert ist, bietet sich die Mediation, Coachings im Team oder Einzel oder motivierende Teamevents an. Ziel ist es dabei, das Miteinander zu stärken und damit eine gesunde Teamkultur zu etablieren. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen gerne zur Arbeit kommen, denn wer gerne seinen Job macht, macht ihn auch gut. Und das ist dann einer der Erfolgsfaktor für das Unternehmen.
Negative Teamdynamik und wenn alles schiefgeht
Doch was, wenn alle Stricke reißen? Es gibt Fälle, in denen sich die Zusammenarbeit mit einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter für das restliche Team als unzumutbar darstellt. Mögliche Vorwürfe können sein, sie oder er verbreite schlechte Stimmung, kommuniziert aggressiv, verhält sich unkollegial, redet schlecht über andere oder ist manipulativ. Um nur einige zu nennen. Wenn dann von Seiten des Teams gedroht wird: „Entweder der geht oder wir!“, stehen Arbeitgeber bzw. die Führungskräfte vor enormem Druck. Ihnen wird in diesem Fall viel abverlangt, da sie sich grundsätzlich auch schützend vor die Person stellen müssen, die hier augenscheinlich die Ursache des Problems ist.
Dies verdeutlicht einmal mehr ein Fall, den das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Urteil vom 12.12.2023, 7 Sa 61/23) zuletzt entschieden hat.
Druckkündigung, um Eigenkündigungswelle im Team zu vermeiden
Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen zur Herstellung von Druckfarben und Pigmenten mit drei Standorten. Eine Chemielaborantin, die an einem der Standorte ohne Versetzungsklausel seit 1998 angestellt war und einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, wehrte sich gegen die von der Arbeitgeberin ausgesprochene Änderungskündigung.
Die Arbeitgeberin hatte nach Anhörung des Betriebsrates und unter Beteiligung des Integrationsamtes am 23.02.2022 die ordentliche Änderungskündigung zum 30.09.2022 ausgesprochen. Die Arbeitnehmerin sollte ab dem 01.10.2022 an einem 90 km weiter entfernten Standort als Colorist tätig werden, der Arbeitsweg hätte sich damit statt der bisher 25 Minuten mit dem Pkw auf mind. 70 Minuten pro Strecke verlängert.
Grund für die Änderungskündigung war, dass die Arbeitgeberin eine Eigenkündigungswelle mehrerer Mitarbeiter befürchtete und damit verhindern wollte. In der Vergangenheit hatte es seit 2005 immer wieder Konflikte mit der Arbeitnehmerin, dem Team und den Vorgesetzten gegeben. Ein Laborleiter hatte seine Leitung schon aufgegeben, eine andere Mitarbeiterin war in ein anderes Labor gewechselt. Hierfür wurde die Arbeitnehmerin auch von der Arbeitgeberin im Jahr 2015 ermahnt, mit der Aufforderung ihr soziales Verhalten zu verbessern.
Im November 2019 erlitt die Laborantin dann einen massiven Burn-out und war bis Oktober 2021 arbeitsunfähig erkrankt. Als bekannt wurde, dass sie wieder zurückkehren würde, erhielt die Arbeitgeberin von mehreren Mitarbeitern die Mitteilung, dass sie nicht ausschließen würden, dass Arbeitsverhältnis zu kündigen oder ein erhöhter Krankenstand durch Stress hervorgerufen werden könnte. Sie beklagten den psychischen Druck durch die Arbeitnehmerin und dass sie manipulativ agiere. Eine von der Arbeitgeberin daraufhin erfolgte Befragung ergab, dass sechs von zehn Labormitarbeiter sowie zwei weitere Mitarbeiter aus angrenzenden Bereichen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dieser Arbeitnehmerin für nicht mehr möglich hielten.
LAG: Arbeitgeber muss in erster Linie vermittelnd tätig werden
Die betroffene Arbeitnehmerin hatte mit ihrer Klage Erfolg. Die Änderungskündigung ist nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg nicht nach §§ 1 Abs. 2, 2 KSchG sozial gerechtfertigt und kann daher die Arbeitsbedingungen der klagenden Arbeitnehmerin (zur Tätigkeit an einem anderen Standort) nicht wirksam ändern.
Arbeitgeber sind verpflichtet, bei einer sogenannten Druckkündigung aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um den von anderen Mitarbeitern ausgeübten Druck abzuwehren. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts betont, dass es nicht ausreichend ist, wenn der Arbeitgeber lediglich Gespräche mit den Mitarbeitern führt, die Drohungen aussprechen, oder Beratungen mit der betroffenen Arbeitnehmerin moderiert.
Um die Situation zu deeskalieren, muss der Arbeitgeber klar und unmissverständlich gegenüber allen Beteiligten kommunizieren, dass es aus seiner Sicht keinen objektiven Grund für eine Kündigung gibt. Zudem darf der Arbeitgeber nicht selbst aktiv dazu beitragen, die ablehnende Haltung der Mitarbeiter zu fördern oder zu verstärken. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber eine vermittelnde Rolle einnehmen sollte und die anderen Mitarbeiter auffordern muss, zumindest den Versuch einer Zusammenarbeit zu unternehmen.
In dem vorliegenden Fall hat die Arbeitgeberin diese aktive Vermittlungsfunktion nicht wahrgenommen. Es fanden keine wirksamen Bemühungen statt, die Mitarbeiter zu einer Zusammenarbeit zu ermutigen. Darüber hinaus war die Entfernung zum neuen Arbeitsplatz für die betroffene Mitarbeiterin unzumutbar, was ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Insgesamt hätte der Arbeitgeber proaktive Schritte unternehmen müssen, um die Arbeitsbedingungen für die betroffene Mitarbeiterin erträglich zu gestalten und die Konflikte im Team zu lösen.
Fazit
Das Arbeitsrecht schützt alle Arbeitnehmer gleichermaßen, auch diejenigen, die als „Miesepeter“ im Team gelten könnten. Arbeitgeber müssen alle milderen Maßnahmen ausschöpfen, bevor sie eine Kündigung aussprechen, selbst wenn der Druck aus der Belegschaft groß ist.
Dies bedeutet, dass Arbeitgeber aktiv handeln müssen, wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin durch ihr Verhalten im Team negativ auffällt. Dazu gehört, den Sachverhalt gründlich zu untersuchen, eine vermittelnde Rolle einzunehmen und eng mit der betroffenen Person zu arbeiten. Ermahnungen oder Abmahnungen können Teil dieses Prozesses sein.
Darüber hinaus sollten Arbeitgeber andere Präventionsmaßnahmen in Betracht ziehen, wie etwa Organisationsentwicklung oder das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Eine Mediation kann ebenfalls eine wertvolle Möglichkeit sein, Konflikte zu lösen und eine positive Teamdynamik wiederherzustellen.
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