26. August 2019

Vor einiger Zeit konnte man auf einschlägigen Homepages Artikel mit folgenden Überschriften vorfinden: „Gericht untersagt lange Fingernägel“, „Auch Betreuungskräfte dürfen nicht mit langen und lackierten Fingernägeln arbeiten“, „Keine langen, lackierten Fingernägel bei der Betreuung von Senioren“. Bei einem ersten Lesen der Überschriften kann sich einem Leser die Frage stellen, aus welchem Grund auch bei Betreuern von Senioren nun auch das Tragen von langen, lackierten Fingernägeln oder Gelnägeln verboten sein soll, zumal es sich bei Betreuern gerade nicht um Pflegepersonal handelt.

Die Auswahl hinsichtlich der Gestaltung von Fingernägeln ist Teil der Persönlichkeit und grundsätzlich jedem selbst überlassen. Eine etwaige Anweisung des Arbeitgebers schränkt dies erheblich ein und hat auch Auswirkungen auf die Freizeit, vor allem, wenn man beispielsweise Gelnägel trägt, die nicht einfach kurzfristig an- und abgelegt werden können.

Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 21.02.2019 – tragen von Gelnägeln

Der Berichterstattung der Fachpresse lag das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 21.02.2019 zugrunde. Dieses hatte sich Anfang des Jahres mit der Zulässigkeit einer Dienstanweisung eines Altenheim-Betreiber als Arbeitgeber zu beschäftigen.

Die Dienstanweisung sieht vor, dass es auch Mitarbeitern des Sozialen Dienstes und Mitarbeitern des Betreuungsdienstes aus hygienischen Gründen untersagt ist, lange Fingernägel, lackierte Fingernägel, künstliche Fingernägel und Gelnägel während der Arbeitszeit zu tragen. Dagegen hatte eine Helferin im sozialen Dienst, die Gelnägel trug, geklagt. In ihrer Tätigkeit steht sie in direktem Kontakt zu den Bewohnern des Altersheims und kümmert sich um die Unterhaltung und Beschäftigung der Bewohner, was teilweise auch die Essenszubereitung beinhaltet.

Laut Arbeitsgericht Aachen durfte der Arbeitgeber das Tragen der langen, lackierten und künstlichen Fingernägel sowie der Gelnägel untersagen (Az.: 1 Ca 1909/18). Die Dienstanweisung entspreche billigem Ermessen.

Überwiegende Interessen des Arbeitgebers – das Verbot ist rechtmäßig

Der Arbeitgeber habe ein besonderes Interesse daran, Gesundheit und körperliches Wohlbefinden der Bewohner des Altersheims zu schützen. Mögliche Gesundheitsgefahren für sie sollen vermieden werden. Bezüglich der Bewohner habe das Altersheim eine besondere Fürsorgepflicht.

Der Arbeitgeber sei zulässig davon ausgegangen, dass in medizinischen Arbeitsbereichen ausschließlich natürliche und kurz geschnittene Fingernägel getragen werden sollten. Der Arbeitgeber hatte sich auf das Bundesgesundheitsblatt die Empfehlungen des Robert Koch Instituts bezogen, die entsprechend davon ausgehen. Nur kurzgeschnittene Fingernägel würden eine umfassende Reinigung gewährleisten und verhindern, dass es zu einer Perforation und Beschädigung von Handschuhen komme. Nagellack verhindere die Sichtbarkeit der Nägel und sei bei längerer Tragedauer anfälliger für Bakterien. Auch auf künstlichen Nägeln sei die Bakteriendichte höher. Diese Grundsätze seine auch unabhängig davon gültig, ob es sich um pflegerisches oder medizinisches Personal handle und ob man unmittelbar mit Lebensmitteln in Berührung komme. Nur durch ein umfassendes Verbot könnten Gefahren für ältere und auch möglicherweise geschwächte Personen vermieden werden.

Gestaltungsmöglichkeit des Arbeitgebers durch das Weisungsrecht

Insbesondere in medizinischen und pflegerischen Berufen sind Dienstanweisungen des Arbeitgebers hinsichtlich des Auftretens und des Erscheinungsbilds der Mitarbeiter üblich. Das Weisungsrecht gibt dem Arbeitgeber die praktische Möglichkeit, eine für alle Arbeitnehmer verbindliche Regelung zu treffen.

Praxistip zu den Gelnägeln

Weisungen des Arbeitgebers zum äußeren Erscheinungsbild können insbesondere aus Hygienegründen zulässig sein. Hier verbietet sich jedoch eine pauschale Beurteilung. In jedem Fall sind die Interessen des Arbeitgebers dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers gegenüberzustellen und es ist eine Abwägung vorzunehmen. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht kann nur gerechtfertigt sein, wenn die Interessen des Arbeitgebers als überwiegend anzusehen sind.

Wenn Sie allgemeine Rückfragen haben oder wir Sie bei der Umsetzung einer konkreten Dienstanweisung unterstützen können, kontaktieren Sie uns gerne!

Weitere Informationen zu dieser Thematik finden Sie auch in einem weiteren Beitrag auf unserem Blog.

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