5. November 2024

Das An- und Ablegen von Arbeitskleidung gehört für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur täglichen Routine, besonders in Bereichen, in denen strikte Hygienevorschriften gelten, wie etwa in Kliniken und Arztpraxen. Ob diese Tätigkeiten zur bezahlten Arbeitszeit zählen, ist immer wieder Streitgegenstand. In diesem Blogartikel klären wir, wann Umkleidezeiten als Arbeitszeit gewertet werden und welche Regelungen und Gerichtsurteile es zu diesem Thema gibt.

Definition von Arbeitszeit: Was gehört dazu?

Arbeitszeit umfasst grundsätzlich die Zeit, in der Arbeitnehmer ihre Arbeitspflichten erfüllen oder sich im Sinne des Arbeitgebers zur Verfügung halten. Laut § 611 BGB sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, Arbeitsleistungen zu vergüten, die zur Erfüllung der beruflichen Pflichten notwendig sind.

Aber wie sieht es bei sogenannten Rüstzeiten, also den Vor- und Nachbereitungen der Arbeit, aus? Hierzu gehört in der Praxis häufig das Umkleiden in die von der Praxis gestellte, einheitliche Bekleidung oder das Anlegen von vorgeschriebener Schutzkleidung.

Welche Beurteilungskriterien gibt es?

Ob das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung als Arbeitszeit zählt, hängt in erster Linie davon ab, ob das Tragen der Kleidung rein fremdnützig oder zumindest auch eigennützig ist. Die Rechtsprechung hat hierzu über die Jahre einige Kriterien herausgearbeitet, die bei der Einschätzung helfen können:

  • Verpflichtung zur speziellen Arbeitskleidung: Wenn die Art der Tätigkeit bestimmte Kleidung erfordert, die über eine einfache Berufskleidung hinausgeht (beispielsweise Desinfektionskleidung in der Chirurgie), dann wird das Umkleiden eher als Arbeitszeit anerkannt.
  • Umkleiden am Arbeitsort: Wenn der Arbeitgeber vorschreibt, dass das Umkleiden ausschließlich vor Ort in betrieblichen Räumen stattfinden darf, dann wird die Zeit dafür in der Regel als Arbeitszeit gewertet werden.
  • Schutz- und Hygienemaßnahmen: Berufe, in denen besondere hygienische Vorschriften gelten, wie in Krankenhäusern und Arztpraxen, haben höhere Anforderungen an die Arbeitskleidung. In solchen Fällen ist das Umkleiden Teil der Hygienevorgaben und dient der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften, weshalb es zur Arbeitszeit gerechnet werden kann.
  • Firmenidentität: Ist die Kleidung zwar alltagstauglich, aber auffällig gestaltet, mit Firmenlogo versehen und eindeutig dem Arbeitgeber zuzuordnen, wird das Tragen ausschließlich fremdnützig und zugunsten des Arbeitgebers sein – das Ankleiden ist dann Arbeitszeit.

Handhabung in der Praxis

Viele Arbeitgeber regeln die Frage der Umkleidezeiten im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung. In Kliniken wird häufig vereinbart, dass das Umkleiden als Teil der Schicht betrachtet wird und entsprechend vergütet wird. Damit entfallen Diskussionen und rechtliche Unsicherheiten.

In kleineren Arztpraxen ist die Regelung oftmals weniger formal und führt nicht selten zu Diskussionen. Eine klare Regelung für alle kann hier helfen, Unmut zu vermeiden. Je nach Tätigkeitsbereich kann eine faire Lösung zum Beispiel eine gesonderte Vergütung für Umkleidezeiten oder das Gewähren zusätzlicher kurzer Pausen sein.

Was können Beschäftigte tun?

Für Klinik- und Praxisangestellte ist es ratsam, die Regelungen zur Umkleidezeit im Tarifvertrag, der Betriebsvereinbarung und im Arbeitsvertrag zu prüfen und im Bedarfsfall den anfallenden Aufwand mit dem Arbeitgeber zu besprechen. Wenn das Umkleiden zwingend vor Ort erfolgen muss und die Kleidung aus Hygiene- oder Sicherheitsgründen getragen werden muss, ist von einem Anspruch auf Vergütung dieser Zeit auszugehen. Die übliche, straßentaugliche Kleidung wird – auch wenn sie vorgeschrieben weiß ist – in aller Regel auch eigennützig getragen und das Umziehen fällt nicht unter die Arbeitszeit. Ein Streit mit dem Arbeitgeber darüber lohnt nicht.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das An- und Ausziehen von Arbeitskleidung zur bezahlten Arbeitszeit gehört, wenn es sich um vorgeschriebene Schutz- oder Hygienekleidung handelt, die nur im Betrieb angelegt werden darf. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer:innen für das Umkleiden bezahlt werden müssen, wenn diese spezielle Kleidung aus Sicherheits- oder Hygienegründen erforderlich ist.

In Fällen, in denen die Arbeitskleidung keine speziellen Schutz- oder Hygienefunktionen erfüllt und auch außerhalb des Betriebs angelegt werden kann, ist die Situation weniger eindeutig. Oftmals ist die Kleidung alltagstauglich und ein Umziehen muss nicht während der Arbeitszeit erfolgen. In solchen Fällen empfiehlt sich eine genaue Prüfung der jeweiligen Arbeitsbedingungen und Vereinbarungen, um eine faire Lösung für alle Beteiligten zu finden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer:innen sollten im Zweifelsfall eine Beratung in Anspruch nehmen, um Klarheit über die geltenden Regelungen zu schaffen.

Kontaktieren Sie uns, um mehr über unsere Dienstleistungen zu erfahren und wie wir Ihnen helfen können, ein sicheres Konzept für Ihre Praxis zu schaffen.

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