25. Oktober 2017

Im Praxisalltag ist es inzwischen nicht selten, dass Ärzte und Zahnärzte neben ihrer rein (zahn)ärztlichen Tätigkeit weitere Erwerbsquellen haben. Denkbar ist dies, wenn der Augenarzt Kontaktlinsenmittel und Pflegemittel oder der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Hörgeräte verkauft. Doch Vorsicht: Bei einer Vermischung der (zahn)ärztlichen mit der gewerblichen Tätigkeit besteht die Gefahr der Gewerbesteuerinfizierung sämtlicher Einnahmen! Wie es dazu kommt und wie eine solche Infizierung vermieden werden kann, möchten wir Ihnen in diesem Beitrag erläutern.

Besteuerung von Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit und Ausnahmen für Freiberufler

Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen sind mit der Gewerbesteuer zu besteuern (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG). Nun sind Einkünfte aus einer (Zahn)Arztpraxis grundsätzlich keine gewerblichen, sondern Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit. Diese freiberufliche Tätigkeit wird als Katalogberuf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG definiert. Damit unterfällt sie nicht der Gewerbesteuerpflicht.

Die Gefahr lauert jedoch im § 15 Abs. 3 Nr. 1, 1. Alt. EStG, der so genannte Abfärberegelung. Diese greift im Falle einer gemischten Tätigkeit von freiberuflicher und gewerblicher Arbeit. Danach gilt eine Personengesellschaft wie z.B. eine (zahn)ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft als Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt. In diesem Fall werden alle Einkünfte dieser Gesellschaft mit der Gewerbesteuer besteuert.

Im Detail ist hier zu differenzieren: Ist eine Person oder Personengesellschaft teilweise gewerblich, teilweise freiberuflich tätig und bestehen zwischen den Betätigungen keine sachlichen und wirtschaftlichen Berührungen (z.B. ein Arzt betreibt eine Gaststätte), so ist offensichtlich, dass verschiedene Einkunftstatbestände erfüllt sind. Die Betätigungen sind dann getrennt zu besteuern (so genannte „Trennungstheorie“).

In welchen Fällen wird die Besteuerung getrennt, wann einheitlich beurteilt?

Besteht zwischen einer teilweise gewerblichen, teilweise freiberuflichen Tätigkeit derselben Person ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang (so genannte gemischte Tätigkeiten wie die eingangs beispielhaft erwähnten), ist die Gesamtbetätigung einkommenssteuerrechtlich im Interesse sachgerechter Ergebnisse in der Regel ebenso getrennt zu beurteilen. Die aus jeder dieser Tätigkeiten herrührenden Einkünfte sind grundsätzlich getrennt als gewerbliche und freiberufliche Einkünfte steuerpflichtig.

Eine einheitliche Beurteilung ist nur geboten, wenn die einzelnen Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und derart miteinander verflochten sind, dass sie nach der Verkehrsauffassung als Einheit anzusehen sind. Ob eine einheitlich zu beurteilende Gesamtbetätigung insgesamt gewerblich oder freiberuflich ist, bestimmt sich danach, welche Tätigkeit der Gesamtheit das Gepräge gibt.

Gibt die gewerbliche Tätigkeit der Gesellschaft das Gepräge, ist deren Gesamttätigkeit infolge der Abfärberegelung als gewerblich anzusehen. Dies gilt auch, wenn die freiberufliche Tätigkeit grundsätzlich von der Gewerbesteuer befreit ist. Die Gewerbesteuerpflicht erstreckt sich in solchen Fällen nämlich in gleichem Maße auf die Tätigkeit, die ohne „Abfärbung“ freiberuflich wäre. Insofern wird die freiberufliche Tätigkeit mit der Gewerbesteuer „infiziert“. So die Theorie.

Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – Fälle aus der Praxis zur Gewerbesteuerinfizierung

Inzwischen gibt es zu diesem Thema eine Vielzahl finanzgerichtlicher Urteile. Im einem Fall des Bundesfinanzhofes aus 2001 (Urteil vom 30.08.2001) betrieben drei Ärzte eine Gemeinschaftspraxis mit angeschlossener Augenklinik. Die Klinik wurde nach Ansicht des Finanzamtes hinsichtlich der Beköstigung und Beherbergung der Patienten mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben. Daher waren nach dem Gesamtbild alle Einkünfte der Klinik als gewerbliche anzusehen.

Der Bundesfinanzhof entschied in seinem Urteil sodann jedoch, dass die Befreiung der Klinik von der Gewerbesteuer gemäß § 3 Nr. 20 Gewerbesteuergesetz sich auch auf die weitere Tätigkeit insgesamt erstrecke.

Zur Begründung wies der Bundesfinanzhof auf den Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 EStG („Abfärberegelung“) hin. Zum einen diene die Regelung dazu, Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der verschiedenen Einkunftsarten ein und derselben Person zu vermeiden. Darüber hinaus sollen infolge unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen den beiden Tätigkeiten gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen werden. Daraus lässt sich schließen, dass sich die „Abfärbung“ auch auf die Steuerfreiheit der Einkünfte erstreckt. Denn wenn eine Gewerbesteuerpflicht nicht besteht, kann im Hinblick auf eine Abfärbung auch keine Gefahr drohen.

Bis zu welcher Obergrenze sind gewerbliche Einkünfte zulässig?

In seinem Urteil vom 27.08.2014 befasste sich der Bundesfinanzhof inzwischen auch mit der Frage, bis zu welchem Anteil am Gesamtumsatz und/oder bis zu welcher absoluten Höhe des Gesamtumsatzes eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewerbliche Einkünfte erzielen darf, ohne dass die „Abfärbung“ des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG greift.

Das Gericht kam dabei zu dem Ergebnis, dass gewerbliche Einkünfte bis zu 3 % des Gesamtnettoumsatzes der Gesellschaft unschädlich sind. Dieser Prozentsatz wurde dabei explizit als (relative) Obergrenze genannt. Darüber hinaus legte der Bundesfinanzhof fest, dass die gewerblichen Einkünfte ebenfalls nicht die absolute Höhe von € 24.500,00 pro Jahr überschreiten dürfen. Im Ergebnis dürfen die Gesamtnettoumsätze also 3 % und € 24.500,00 nicht überschreiten.

Grund für diese Grenze ist, dass bis zu diesem Betrag gewerbliche Einkünfte von Personengesellschaften generell nicht der Besteuerung unterliegen. Ohne diese absolute Obergrenze würden umsatzstarke freiberufliche Personengesellschaften, wie z.B. große Gemeinschaftspraxen, nach Auffassung des BFH ungerechtfertigt bevorzugt, da diese über die relative Obergrenze (3 %- Grenze) andernfalls eine nennenswerte gewerbliche Tätigkeit entfalten könnten. Die Gesamtnettoumsatzgrenze, ab der die absolute Obergrenze von € 24.500,00 relevant würde, beträgt rechnerisch € 816.666,66 pro Jahr.

Fazit: Unser Praxistipp

In der Praxis wird sich eine eventuelle Diskussion mit dem zuständigen Finanzamt vermeiden lassen, wenn eine möglichst klare Trennung zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit gegeben ist. Soweit möglich, sollte daher eine buchhalterische, örtliche und eine personelle Trennung gegeben sein. So kann eine Gewerbesteuerinfizierung der Arzt- bzw. Zahnarztpraxis ausgeschlossen werden. Darüber hinaus sind in jedem Fall die inzwischen gerichtlich vorgegebenen Grenzen im Hinblick auf den Gesamtnettoumsatz zu beachten. Für eine saubere Trennung beider Tätigkeiten ist es unbedingt ratsam, entsprechende Verträge im Sinne der Transparenz und Rechtsklarheit zu gestalten. Gerne unterstützen wir Sie in der Ausgestaltung dieser Verträge.

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