Vielen Zahnarzt- und Arztpraxen steht ein Generationswechsel bevor. Praxisinhaber, die vor dem Ruhestand stehen, möchten ihr Lebenswerk gewinnbringend veräußern. Jeder Unternehmenskauf birgt allerdings für den Erwerber auch Haftungsrisiken in sich, die das Vorhaben schnell unwirtschaftlich werden lassen können. Gerade den medizinrechtlichen Besonderheiten beim Praxiskauf fällt hierbei besondere Bedeutung zu. Im Wirtschaftsleben ist zur Risikoanalyse die Einholung einer Due Diligence das probate und unter Käufern wie Verkäufern anerkannte Mittel. Insbesondere bei größeren Transaktionen werden vorab Experten mit der Prüfung der Risiken in bestimmten Bereichen beauftragt. Bei einer juristischen Prüfung entsteht so die Legal Due Diligence (LDD), die sorgfältige Analyse des zu veräußernden Unternehmens im Hinblick auf seine rechtlichen Verhältnisse nebst Vorschlägen, wie bestehende Risiken im Rahmen der anstehenden Vertragsgestaltung Berücksichtigung finden können.
Expertise auf dem hoch regulierten Gesundheitsmarkt
Die Überprüfung umfasst traditionell Bereiche des Gesellschaftsrechts, der Immobilien, des Arbeits- und Versicherungsrechts, bestehender Kreditverträge und Dauerschuldverhältnisse. Beim Erwerb einer Arztpraxis bestehen darüber hinaus noch besondere medizinrechtliche Bereiche, für deren qualifizierte Beurteilung eine hohe Spezialisierung und viel Erfahrung erforderlich sind. Der Gesundheitsmarkt ist ein staatlich hoch reguliertes Rechtsgebiet. Neben den gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten, die oftmals die Beurteilung gewachsener medizinischer Berufsausübungsgemeinschaften erforderlich machen, ist auch ein besonderes Augenmerk auf die zahlreichen vertragsärztlichen und berufsrechtlichen Aspekte zu legen. Gerade in diesen Bereichen hat der Gesetzgeber in den letzten Jahren zahlreiche Änderungen und Neuregelungen vorgenommen, die es zu überschauen und berücksichtigen gilt.
Immer wieder kommt es vor, dass eine auf den ersten Blick gut laufende Praxis langfristige Gefahren in sich birgt, die sich vielleicht erst nach dem Erwerb realisieren. So zeigen sich beispielsweise bei einer Überprüfung der Abrechnungspraxis des Zielunternehmens für den im Medizinrecht erfahrenen Anwalt schnell Unregelmäßigkeiten, die auf Probleme hindeuten können. Beispielhaft sei hier der Zahnarzt genannt, der in berufsrechtlich unzulässiger Weise Botoxbehandlungen vornimmt. Der Erwerber sieht sich hier nicht nur Regressansprüchen gegenüber, sondern erwirbt eine Praxis, deren tatsächlich legal zu erwirtschaftende Umsätze den fehlerhaft errechneten Kaufpreis wirtschaftlich gar nicht mehr sinnvoll abbilden können.
Auch Fehler bei der Weitergabe von Rabatten und anderen Vergünstigungen fallen bei qualifizierter Überprüfung der Abrechnungspraxis schnell auf. Der Erwerber kann dann die Gefahr von Regressen oder bei einer geplanten Zusammenarbeit auch die Gefahr eines Approbationsverlustes auf Verkäuferseite durch entsprechende Regelungen im Kaufvertrag von sich abwenden.
Konkret zu nennen ist auch die immer wieder auftauchende Konstellation von unechten Gemeinschaftspraxen, bei der ein Gesellschafter, meist der ältere Praxisgründer, weitere Mitgesellschafter aufnimmt, diese allerdings gar nicht oder kaum an Gewinn und Verlust beteiligt. Es besteht dann das Risiko, dass Steuernachzahlungen und Rückforderungen der KZV in ganz beträchtlichem Umfang entstehen. Auch hier muss erwogen werden, ob schützende Regelungen im Kaufvertrag aufzunehmen sind oder sogar von einem Kauf abgesehen werden sollte.
Vorteile für Käufer und Verkäufer bei einer Due Diligence
Für den Erwerber einer Praxis sollten die frühzeitige rechtliche Beratung und der Rückgriff auch auf die betriebswirtschaftliche Expertise erfahrener Medizinrechtler also selbstverständlich sein, um auf Risiken rechtzeitig zu reagieren. Die hierfür entstehenden Kosten sind gut investiert, betrachtet man die wirtschaftlichen Folgen einer schlecht gelaufenen Transaktion im Nachhinein. Oft können durch wenige Regelungen im Kaufvertrag bereits die Risiken minimiert oder ausgeschlossen werden. Selbst wenn im Einzelfall doch einmal von dem geplanten Vorhaben abzuraten ist, hat sich die Investition gelohnt, um vor weiteren Schäden bewahrt worden zu sein.
Auch für Verkäufer ist die Durchführung einer Due Diligence Prüfung von Vorteil und trifft auch auf dieser Seite regelmäßig auf große Akzeptanz. Dem zeitlichen Aufwand die – ohnehin für den Verkauf notwendigen – Unterlagen aufzubereiten und einen Fragenkatalog zu beantworten steht die Sicherheit gegenüber später nicht in aufwendige und kostspielige Rechtsstreitigkeiten verwickelt zu werden.
Unser Tipp
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