9. Juni 2015
Das Oberlandesgericht München hat im Januar entschieden, dass die Werbung mit einem Hygiene-Zertifikat irreführend und damit unzulässig sein kann, auch wenn das Zertifikat dem (Zahn)Arzt tatsächlich für die Einhaltung der Hygienevorschriften verliehen worden ist (OLG München, Urteil vom 15. Januar 2015, 6 U 1186/14).
Was war passiert?
Ein Zahnarzt warb mit einem Hygienezertifikat, das ihm von einem privaten unabhängigen Beratungs- und Prüfungsunternehmen verliehen worden war. Das Unternehmen hatte geprüft, ob die gesetzlichen Hygieneanforderungen durch die Zahnarztpraxis eingehalten wurden und bescheinigte dies mit dem Zertifikat.
Das Oberlandesgericht München sah dies als irreführend an und untersagte dem Zahnarzt, weiter mit diesem Zertifikat zu werben.

Denn die Patienten gehen nach der Auffassung des Gerichtes davon aus, dass in einer Arztpraxis die gesetzlichen Hygienevorschriften als Selbstverständlichkeit eingehalten werden und andernfalls die Behörden einschreiten. Legt ein Zahnarzt bei Werbemaßnahmen einen Fokus auf die Einhaltung der Hygienestandard, nehmen die Patienten folglich an, dass die Praxis in dem werblich herausgestellten Punkt besser ist als andere Praxen und dass übliche Hygienestandards übertroffen werden. Dies wurde aber tatsächlich nicht zertifiziert. Damit unterliegen die Verbraucher aufgrund der Werbemaßnahme einem Irrtum. Aufgrund dieser Täuschungseignung wurde die Werbung mit dem Zertifikat als unzulässig eingestuft.

Fazit:
Auch wenn das Thema Hygiene hochaktuell ist und ein Zertifikat für die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen tatsächlich verliehen wurde, bedeutet dies nicht, dass es in jedem Fall für die Werbung eingesetzt und beispielsweise auf der Homepage eingeblendet werden darf. Maßgeblich ist insoweit, was die Verbraucher aus dem Zertifikat schlussfolgern und ob diese Erwartung durch das Zertifikat erfüllt wird oder nicht. Gerade, wenn die Verbraucher in ihrem alltäglichen Leben nicht mit diesem Zertifikat konfrontiert sind, bilden sich leicht Fehlvorstellungen, mit denen ein Arzt nicht rechnet.
Die Gerichte sind sich hier recht einig. Bereits 2010 gelangte das Landgericht Berlin in einem vergleichbaren Fall zu dem Ergebnis, dass die Werbung mit einem Hygienesiegel bei den Verbrauchern zu dem unzutreffenden Eindruck führt, es seien besondere oder erhöhte Voraussetzungen erfüllt worden, obwohl lediglich die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben attestiert wurde (LG Berlin, Urteil vom 2. Februar 2010, 15 O 249/09).
Daher sollte auch bei erworbenen Zertifizierungen sorgfältig geprüft werden, ob diese zu Werbezwecken einsetzbar sind.
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