26. Oktober 2017

Die Krankenhausabrechnung ist kompliziert und fehleranfällig. Daher müssten häufig die Gerichte prüfen, ob Nachberechnungen zulässig sind.

Diese Aufgabe fiel im vorliegenden Fall dem Bundessozialgericht (BSG) zu (Urt. v. 23.05.2017, Az.: B 1 KR 27/16 R). Die ursprüngliche Abrechnung (DRG B 17C) bildete dabei jedoch nur den Ausgangspunkt. Die klagende Krankenkasse meinte, dass die erforderliche Verweildauer nicht 25, sondern nur 9 Tage betragen hätte. Die Krankenhausträgern erhob aber sogar Widerklage, da tatsächlich die DRG B07Z einschlägig gewesen sei, die zu einem höheren Abrechnungsbetrag führe. Beide Ansinnen wurden von der ersten und zweiten Instanz zurückgewiesen. Das BSG musste allerdings nur noch über das Schicksal der Widerklage, also über die Erhöhung des Rechnungsbetrages durch das Krankenhaus, entscheiden.

BSG zur Krankenhausabrechnung

Aber auch das BSG hielt an der ursprünglichen Abrechnung fest. Neben der vierjährigen Verjährungsfrist gebe es nämlich auch eine sogenannte „Verwirkung“ der Forderung, wenn

„der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen.“

Was bedeutet dies konkret für das BSG?

Dieses stellt vier Kriterien auf, die erfüllt sein müssen, damit eine Verwirkung angenommen werden kann:

  • Vertrauensgrundlage durch ein Verwirkungsverhalten, nach dem der Verpflichtete vertrauen könne, dass der Berechtigte sein Recht nicht mehr geltend mache. Dies sieht das BSG vorliegend in der vorbehaltlosen Erteilung der Schlussrechnung.
  • Vertrauenstatbestand. Die Krankenkasse muss auch tatsächlich auf die Nichtdurchsetzung vertraut haben. Nach Ansicht des BSG vertrauen Krankenkassen regelhaft darauf, dass keine Nachforderungen gestellt werden.
  • Vertrauensverhalten. Die Krankenkasse muss in seinem Verhalten Vorkehrungen und Maßnahmen getroffen haben, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entsteht. Dies sieht das BSG darin, dass die Krankenkassen keine haushaltsmäßigen Vorkehrungen treffen können, da sie die Abrechnungen nicht für zweifelhaft befinden.

Das Vertrauen war im vorliegenden Fall auch nicht durch die Beauftragung des Medizinischen Dienstes des Krankenkassen (MDK) durch die Krankenkasse erschüttert. Die Rechtmäßigkeit der Kodierung sei nämlich nicht in Zweifel gezogen worden, sondern nur ein wirtschaftliches Alternativverhalten geltend gemacht worden. Die unwirtschaftliche Leistung an sich sei richtig kodiert worden.

Der Verwirkungszeitpunkt liegt nach dem BSG am Schluss des auf die Abrechnung folgenden Haushaltsjahres.

Weitere Informationen in der Health&Care Management 9/2017, S. 54 f..

 

 

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