22. August 2017

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 19.04.2016 (Az.: L 11 R 2428/15) Krankenhäusern neue Chancen bei der Beschäftigung von Honorarärzten eingeräumt.

In diesem Verfahren ordnete das Gericht die Tätigkeit eines Arztes im Bereitschaftsdienst einer Reha-Klinik für Innere Medizin/Kardiologie, Orthopädie/Unfallchirurgie und Neurologie als freie Mitarbeit ein. Es handelte sich um einen Chirurgen, der nach Abgabe seiner Praxis noch in verschiedenen anderen Kliniken als Honorar- und Konsiliararzt, sowie als Praxisvertreter tätig war. Diese Konstellation ist sowohl bei Ärzten, die am Anfang als auch am Ende ihrer Berufstätigkeit nicht selten. Die Gerichte nehmen bei der Abgrenzung von freier und sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit immer eine Gesamtabwägung vor.

Die Gerichte nehmen dabei immer eine Gesamtabwägung vor. Warum aber verneinte das LSG Baden-Württemberg im vorliegenden Fall eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit?  Dafür waren folgende Gesichtspunkte entscheidend:

  • Arbeitszeit: Der Arzt meldete im Vorfeld der Klinik, ob und wann er Schichten übernehmen wollte und berechnete die Dienstzeit. Es gab keine festen Arbeitszeiten ohne Absprache und gegen den Willen des Honorararztes. Um ihn herum wurde der Dienstplan aufgestellt. Dass die Dienste an sich eine festgelegte Zeit haben ist ohne Belang, sondern kliniktypisch. Diese freie Diensteinteilung war für das LSG von höchster Bedeutung. Dass dagegen die Tätigkeiten in den Klinikräumlichkeiten stattfindet ordnet das LSG zutreffend als „Natur der Sache“ ein.
  • Es erfolgte keine Kontrolle des Honorararztes im Sinne von Einzelanordnungen. Eine Zusammenarbeit mit den übrigen Ärzten erfolgte nur in Form von Übergabeprotokollen am Ende der Schicht. Die Teilnahme an Teambesprechungen war freiwillig, an der routinemäßigen Patientenversorgung nahm der Honorararzt gar nicht teil.
  • Eine Weisungsbefugnis gegenüber der diensthabenden Krankenschwester bestand nur im Bereitschaftsdienst, nicht hinsichtlich sonstiger organisatorischer und personeller Belange.
  • Unternehmerrisiko, dadurch, dass er den Einsatz seiner Arbeitskraft selbst steuern konnte. Gerade im Notdienst, der von Bereitschaft und Einsätzen im Bedarfsfall geprägt sei, spreche auch ein pauschales Stundenhonorar nicht gegen ein Unternehmerrisiko, da es sich nicht um einzelne ärztliche Leistungen handele, wie dies der GOÄ zu Grunde liege.

Als untergeordnet sah das LSG dabei Gesichtspunkte an, dass der Honorararzt im Verhinderungsfall nicht selbst für Ersatz sorgen musste und gegenüber den Patienten nicht erkennbar als Selbstständiger auftrat.

Der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg äußerte sich dabei honorararztfreundlicher als der 5. Senat, der im viel kritisierten Urteil vom 17.04.2013 (Az.: L 5 R 3755/11) in wohl rechtswidriger Art und Weise die Tätigkeit eines Honorararztes in Krankenhäusern ablehnte und zumindest eine zeitliche Anstellung der Ärzte forderte und zudem zwingend die Niederlassung des Arztes für eine Honorararzttätigkeit forderte. Personelle Wechsel in der Besetzung des 5. Senats lassen dabei jedoch zumindest fraglich erscheinen, ob auch dieser Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalten sollte.

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