20. Oktober 2014

Jetzt ist es amtlich, der BGH sieht in der Liquidation wahlärztlicher Leistungen durch im Krankenhaus nicht festangestellte Honorarärzte einen Verstoß gegen § 17 Abs. 3 KHEntgG : Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16.10.2014 hierzu entschieden, dass vom Krankenhausträger nicht fest angestellte Honorarärzte, die im Krankenhaus Operationen durchführen, ihre operative Tätigkeit gegenüber (Privat-)Patienten nicht als Wahlleistung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) erbringen und gesondert abrechnen können. Erst vor Kurzem hatten wir in unserem Blog auf die vielen rechtlichen Stolpersteine im Zusammenhang mit der Figur des Honorararztes verwiesen, jetzt scheint eine dieser im Anwendungsbereich des KHEntgG geklärt. 

Dem Urteil des BGH (vom 16. Oktober 2014 – III ZR 85/14) lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte, ein niedergelassener Facharzt für Neurochirurgie, hatte die Versicherungsnehmerin des auf Honorarrückzahlung klagenden privaten Krankenversicherungsunternehmens im Jahre 2010 zunächst als Patientin behandelt und sodann in einem Krankenhaus operiert, mit dessen Träger eine Kooperationsvereinbarung über eine Tätigkeit als Honorararzt bestand. Die Patientin unterzeichnete vor der Aufnahme im Krankenhaus eine von dem Beklagten vorgelegte „Vereinbarung über Behandlung gegen Privatrechnung“ und erklärte sich mit einer privaten Abrechnung der ärztlichen Leistungen durch den Beklagten einverstanden. Zudem schloss sie mit dem Krankenhausträger eine Wahlleistungsvereinbarung ab. Darin wurde der Beklagte allerdings nicht aufgeführt. Die Klägerin erstattete den von der Versicherungsnehmerin an den Beklagten bezahlten Rechnungsbetrag und ließ sich etwaige Rückforderungsansprüche gegen den Beklagten abtreten (etwas was immer häufiger und ohne Kenntnis der Ärzte geschieht! Überraschende Rückzahlungsforderungen können die Folge sein.).

Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Honorarrückzahlung verurteilt. Seine Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten das landgerichtliche Urteil bestätigt. Die Versicherungsnehmerin schuldete weder aus der Wahlleistungsvereinbarung noch aus der „Vereinbarung über Behandlung gegen Privatrechnung“ eine gesonderte Vergütung für die erbrachten ärztlichen Leistungen. Der Beklagte ist deshalb gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zur Rückzahlung des zu Unrecht erhaltenen Honorars verpflichtet.

In der Wahlleistungsvereinbarung ist er weder als Wahlarzt noch als „gewünschter“ Stellvertreter des Wahlarztes aufgeführt. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG erstreckt sich eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen zwar auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären Behandlung (§ 115a SGB V) berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses (so genannte Wahlarzt- oder Liquidationskette). Honorarärzte wie der Beklagte sind jedoch weder Beamte noch Angestellte des Krankenhauses. Der Beklagte hat seine ärztlichen Leistungen auch nicht als externer Wahlarzt „auf Veranlassung“ eines angestellten oder beamteten Krankenhausarztes mit eigener Liquidationsberechtigung ausgeführt.

Der BGH zog hieraus den Schluss, dass die „Vereinbarung über Behandlung gegen Privatrechnung“ gemäß § 134 BGB (Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot) nichtig ist, da § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG verletzt wird. Dieser lege den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte abschließend fest. Es handele sich um eine dem Schutz des Privatpatienten dienende zwingende preisrechtliche Norm. Hiervon könne auch nicht im Wege einer unmittelbar zwischen dem behandelnden (nicht liquidationsberechtigten) Honorararzt und dem Patienten zustande gekommene individuelle Vergütungsabrede abgewichen werden.

Damit ist die vielfach vertretene Ansicht die Liquidation wahlärztlicher Leistungen durch im Krankenhaus nicht festangestellte Ärzte folge aus § 2 Abs. 1 KHEntgG nicht aufrecht erhalten werden.

Wir hatten in unserer Beratungspraxis bereits seit längerem darauf hingewiesen, dass § 2 Abs.1 in seiner Neufassung dem Wortlaut entsprechend zwar auch die ärztliche Behandlung, die durch nicht festangestellte Ärzte, also Honorarärzte, im Krankenhaus erbracht wird, mit in die Krankenhausleistungen nach § 1 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz miteinschließt. Krankenhausleistung ist jedoch nach § 2 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz nur der Oberbegriff für allgemeine Krankenhausleistungen, die nach Maßgabe des DRG Fallpauschalensystems abgerechnet werden und Wahlleistungen, sodass der Wortlaut der Gesetzesänderung zwar als Indiz dafür gesehen werden könnte, dass der Gesetzgeber auch Wahlleistungen für Honorarärzte freigeben wollte. Gegen diese Sichtweise sprach jedoch die Begründung des Gesetzgebers für die Änderung des § 2 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz, in welcher allein darauf abgestellt wird, dass allgemeine Krankenhausleistungen für Honorarärzte freigegeben werden sollten. Gegen eine Freigabe von Wahlleistungen für Honorarärzte sprach des Weiteren, dass § 2 Abs. 3 Krankenhausentgeltgesetz das Krankenhaus verpflichtet, sicherzustellen, dass Honorarärzte bei der Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen für ihre Tätigkeit im Krankenhaus die gleichen Anforderungen zu bieten haben, die auch dort für angestellte Ärzte gelten.

Hätte der Gesetzgeber den Zweck verfolgt auch Wahlleistungen für Honorarärzte freizugeben, dann hätte er § 2 Abs. 3 so gefasst, dass das Krankenhaus verpflichtet wird auch im Hinblick auf die ärztliche Wahlleistung dafür zu sorgen, dass Honorarärzte und im Krankenhaus angestellte Ärzte die gleichen Qualitätsanforderungen zu erfüllen haben.

Des Weiteren hätte er ebenfalls § 17 Krankenhausentgeltgesetz ändern müssen, um die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch Honorarärzte zu ermöglichen. Da dies nicht geschehen ist, bestand eine Absicht des Gesetzgebers die Erbringung wahlärztlicher Leistungen auch für Honorarärzte frei zu geben, somit erkennbar nicht. Das Urteil ist demnach folgerichtig. Interessant wäre nun noch gewesen zu erfahren, wie der BGH den Fall entschieden hätte, wenn der Beklagte in die Wahlarztvereinbarung miteinbezogen gewesen wäre. Ebenfalls unklar bleibt, ob das Urteil ebenfalls gleich ausgefallen wäre, hätte es sich um eine Privatklinik gehandelt, die nicht unter den Anwendungsbereich des KHEntgG fällt.

Der Honorararzt bleibt also weiterhin eine beratungsintensive Persönlichkeit!

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