29. Juni 2017

Ein Radiosender und ein ästhetischer Chirurg hatten sich eine besondere Idee zur Vermarktung von Schönheits-OP ausgedacht. Unter dem Motto

„Arno zahlt Deine Schönheitsoperation!“

sollten sich Radiohörerinnen mit einem Foto ihrer „Problemzone“ für eine Schönheits-OP bewerben. Unter diesen Bewerber wurden dann Gewinner im Radioprogramm benannt, die schnellstmöglich bei Sender anrufen mussten. Das Berliner Kammergericht, das dort die Funktion eines Oberlandesgerichts hat, mochte dabei allerdings nicht mitspielen und untersagte im einstweiligen Rechtsschutz auf Antrag der Wettbewerbszentrale die weitere Durchführung der Aktion (KG, Beschl. v. 22.05.2017, Az.: 5 W 94/17).

Verstoß gegen das Zuwendungsverbot

Maßgeblich stützte sich das Kammergericht auf das Zuwendungsverbot des § 7 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Dessen Anwendungsbereich sei eröffnet, da es sich um operativ-plastische chirurgische Eingriffe handele, die der Radiosender anbiete und der Chirurg ausführe und somit ein Produktbezug und nicht nur ein reiner Firmenbezug vorliege.  Eine Werbegabe im Sinne von § 7 HWG liege dann vor, wenn

„ihr Anbieten, Ankündigen oder Gewähren zumindest die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten begründet (BGH · Urteil vom 12. Dezember 2013 · Az. I ZR 83/12).“ 

Diese Gefahr macht das Gericht allerdings noch nicht bei der Möglichkeit zur Teilnahme an dem Gewinnspiel an sich aus. Die Grenze sei überschritten, wenn der ausgelobte Gewinn aus der Teilnahme resultiere. Das Kammergericht erachtete folgende Argumente für eine Einordnung als unsachliche Beeinflussung für entscheidend:

Der ohnehin vorhandene Reiz der Teilnahme an einem Gewinnspiel werde durch die Verfolgung eines Radioprogramms, die schnelle Reaktion bei Nennung des eigenen Namens und des Anrufens beim Sender gesteigert. Dies treffe zusammen mit der Freude Teilnehmer über einen unwahrscheinlichen Glücksfall. Dadurch steigere für die Teilnehmer die Gefahr unüberlegter und vorher unbedachter Entscheidungen. Operationsrisiken würden nicht mehr beachtet. Die Gefahr vergrößere sich noch durch die Verbreitung des Gespräches über Radio.

Fazit

Die Ausspielung medizinischer Behandlungen im Radio ist nach dieser Entscheidung des Kammergerichts als nicht abmahnsicher zu erachten. Die Wettbewerbszentralen gehen dagegen auch flächendeckend vor. Zudem ist zu beachten, dass das Kammergericht – ohne sich endgültig festzulegen – neben § 7 HWG auch das Verbot außerhalb der Fachkreise mit Preisausschreiben, Verlosungen o. ä. zu werben (§ 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 13 HWG) für verletzt hält. Diese Vorschrift regele zwar in der aktuellen Fassung ausdrücklich nur die Arzneimittelverwendung. Dies sei angesichts der Normhistorie allerdings als Redaktionsversehen zu beurteilen. Somit ist aus juristischer Sicht bei derartigen Aktionen doppelt (§ 7 und § 11 HWG) Vorsicht geboten.

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