18. Dezember 2018

Neues zum Thema Praxisnachfolge und zur Ergänzung unseres Beitrages: Was mit der Praxis passiert, wenn der Inhaber stirbt.

Jeder Praxisinhaber sollte diese unliebsamen Überlegungen anstellen und in einem solchen Fall einen „Notfallordner“ parat haben. In diesem sind sämtliche wichtigen Dokumente für die Praxis aufzubewahren. Zudem sollte – am besten gleich zu Beginn des Ordners – ein Leitfaden abgeheftet sein. Wurde dieser im Vorfeld sorgfältig erstellt, ist für Jedermann ohne weitere Umschweife ersichtlich, an was im Falle des Falles alles zu denken ist.

In diesem Notfallordner sollte sich auch die Patientenverfügung befinden, da diese sinnvollerweise mit der Vorsorgevollmacht zu verbinden ist. Die Anforderungen an eine wirksame Patientenverfügung hat der BGH in einem aktuellen Urteil wieder einmal umrissen. BGH, Urteil vom 14.11.2018 – Az.: XII ZB 107/18

Aktive Sterbehilfe lehne ich ab

Der BGH hatte über die Fragen einer wirksamen Patientenverfügung sowie der Notwendigkeit einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung zu entscheiden.

Der Fall:

Die Betroffene war eine inzwischen 78 Jahre alte Frau aus Bayern, die seit einem Schlaganfall im Jahre 2008 im Wachkoma lag. Sie wurde über eine Magensonde künstlich ernährt. In der im Jahre 1998 verfassten Patientenverfügung lehnte die Frau lebensverlängernde Maßnahmen ab, wenn „keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht“. In der Patientenverfügung heißt es weiter: „Aktive Sterbehilfe lehne ich ab“.
Im Weiteren kam es zwischen den Betreuern der Frau, namentlich dem Sohn und dem Ehemann, zum Streit über den Abbruch der künstlichen Ernährung.

Die Entscheidung:

Der BGH urteilte, dass es im vorliegenden Fall einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung gem. § 1904 Abs. 2, 3 BGB nicht bedürfe, weil in der von der Betroffenen errichteten Patientenverfügung gem. § 1901 a Abs. 1 BGB eine wirksame Einwilligung in den vom Sohn der Betroffenen erstrebten Abbruch der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitsversorgung enthalten sei.

Der Wortlaut der Patientenverfügung, wonach die Betroffene keine lebensverlängernden Maßnahmen wünsche, wenn medizinisch eindeutig feststehe, dass keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins bestehe, sei zwar recht pauschal. Aus der Bezugnahme auf die Behandlungssituation „keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins“ ergebe sich allerdings konkret, in welcher medizinischen Situation dieser Wunsch Geltung beanspruchen solle.

Fazit + Praxistipp

Bei einem sorgfältig erstellten Notfallordner mit einer entsprechend juristisch korrekt formulierten Verfügung wäre es erst gar nicht zum Streit gekommen. Zumindest hätten die Gerichte sehr viel schneller und eindeutiger entscheiden können. Der finanzielle Aufwand für die Beteiligten wäre geringer gewesen.

Die Formulierung „keine lebensverlängernde Maßnahme“ ist zu pauschal und führt ohne weitere Zusätze zur Unwirksamkeit der Patientenverfügung. Vielmehr müssen in der Patientenverfügung konkrete Behandlungssituationen beschrieben werden.

Darüber hinaus beinhaltete die Patientenverfügung den Begriff der „aktiven Sterbehilfe“. Die Tragweite dieses juristischen Begriffs war der Betroffenen bei Abfassung der Patientenverfügung wahrscheinlich nicht bekannt, da er im Widerspruch zu anderen Formulierungen stand.

Wie so oft gilt: Wenn der Rechtsberater wegen eines Problems aufgesucht wird, ist bereits viel – mitunter zu viel – Zeit vergangen. Eine frühzeitige fundierte Beratung gewährleistet, dass viele Probleme gar nicht erst entstehen.

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