22. Juni 2012

Spiegel Online berichtet über das BGH-Urteil unter der Überschrift „Ärzte dürfen Geschenke von Pharmakonzernen annehmen“. Angesichts der eindeutigen Regelungen in den Berufsordnungen (§31 MBO-Ärzte) und dem Heilmittelwerbegesetz (§ 7 HWG) ist dies natürlich schlicht Unsinn. Natürlich dürfen Ärzte das nicht. Das BGH Urteil führt lediglich dazu, dass  Ärzte nicht wegen Bestechlichkeit verurteilt werden können.

Auch die „Zeit“ berichtet mit einer ähnlichen Überschrift: „Kassenärzte dürfen Pharma-Geschenke annehmen“. Und die Ärztezeitung meint: „Ärzte sind keine Kassen-Handlanger“

Die Politik reagiert wie stets bei solcher Gelegenheit: Mit dem reflexhaften Ruf nach neuen und schärferen Gesetzen. Die SPD-Fraktion fordert laut Spiegel Online bereits, Bestechlichkeit im Gesundheitswesen stärker zu sanktionieren. Angesichts dessen, dass im vorliegenden Fall eben gar keine Bestechlichkeit gegeben ist, fragt sich, was man dann stärker sanktionieren möchte…

Richtig ist, dass man darüber nachdenken sollte, bestimmte Korruptionshandlungen im Strafgesetzbuch näher zu definieren. Aber über wie Fälle reden wir eigentlich?

Was auffällt ist, dass die Berichterstattung zu dieser Fragestellung von viel Unsicherheit geprägt ist und gerne zur Kriminalisierung einer ganzen Berufsgruppe geprägt ist. Eine Versachlichung der Diskussion wäre sicher angezeigt.

Wenn die SPD nun davon redet, dass „Fangprämien an Ärzte als Gegenleistung für Krankenhauseinweisungen, Falschabrechnungen oder Schmiergeldzahlungen an Ärzte“ im Strafgesetzbuch geregelt werden müssten, so ist dies nichts anderes als schlichter Populismus. Denn solche Handlungen stehen zum Großteil unter Strafe. Da bedarf es keiner neuen Gesetze. Und schließlich ist die Korruption im Gesundheitswesen nicht weiter verbreitet, als in jeder anderen Berufsgruppe auch. Zumindest sind mir keine gegenteiligen Zahlen, die etwas anderes Belegen würden, bekannt. Daher ist auch die Kriminalisierung einer ganzen Berufsgruppe falsch.

Erfreulich sachlich äußerte sich übrigens Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Patientenrechte bei den Grünen, zum aktuellen BGH-Urteil. Sie beschränkte sich darauf an den Gesetzgeber zu appellieren zu überprüfen, ob die bestehenden gesetzlichen Regelungen ausreichend sind, um Bestechlichkeit von Ärzten zu verhindern.

Es wäre zu wünschen, wenn alle Beteiligten erst einmal die Entscheidung des BGH ausführlich prüfen, sich auch im Übrigen sachkundig machen und sich dann wieder zu Wort melden.

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MBO-Ärzte § 31 Unerlaubte Zuweisung

(1) Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.

§ 7 Heilmittelwerbegesetz

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1. es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt;

2. die Zuwendungen oder Werbegaben in

a) einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder

b) einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;

Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;

3. die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;

4. die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder

5. es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).

Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen, tierärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

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