7. Dezember 2018

Die Diskussionen über das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) im Deutschen Bundestag gehen auf die Zielgerade. Nicht nur im dentalen Bereich bleibt dabei das Thema der „Investoren-MVZ“ – eigentlich der „Krankenhaus-MVZ“ – bestimmend. Auch hier auf dem Blog haben wir uns vielfach dazu geäußert.

Aktuell hört man aus der Politik die verschiedensten Stimmen: MVZ seien eine gute Sache, da sich junge (Zahn-)ärzte gern anstellen ließen. Aber Investoren bräuchte es doch nur in kapitalintensiven Bereichen wie Radiologie und Labormedizin. Wie verfehlt diese Sichtweise ist, lässt sich auf der vom 12.-19. März 2019 in Köln stattfindenden International Dental-Show (IDS) schnell unter Beweis stellen – moderne Zahnmedizin ist Hochtechnologiemedizin.

Anstelle von Schwarz und Weiß schlagen wir den Beteiligten eine pragmatische Herangehensweise vor: Investoren-MVZ ja – allerdings kontrolliert!

Folgende Vorschläge könnten die Basis für eine Kompromisslinie sein, die die Sorgen einiger Standesvertreter berücksichtigt und den Zugang von Investoren sinnvoll reguliert, statt diesen einfach nur zu verbieten:

Bereits jetzt muss in jedem MVZ ein (zahn)ärztlicher Leiter die Verantwortung für die ordnungsgemäße vertrags(zahn)ärztliche Versorgung innehaben. Dieser (zahn)ärztliche Leiter sollte durch verschiedene Maßnahmen gestärkt werden:

  • der ärztliche Leiter könnte durch ein Sonderkündigungsrecht analog eines Betriebsrates in seiner Unabhängigkeit bestärkt und geschützt werden,
  • der ärztliche Leiter sollte Mitglied der Geschäftsführung der Trägergesellschaft sein,
  • er sollte Vollzeit tätig sein, wenn drei oder mehr (Zahn)Ärzte mit voller Zulassung im MVZ arbeiten,
  • der ärztliche Leiter sollte mindestens 8 Quartale in der vertragszahnärztlichen Versorgung vor Übernahme der Leitung tätig gewesen sein.
Zudem schlagen wir vor, Meldestellen für angestellte (Zahn)Ärzte einzurichten, an die diese sich wenden können, wenn es doch zu Eingriffen in die Therapiefreiheit kommen sollte. Diese könnten bei den Zahnärztekammern als Aufsichtsbehörde angesiedelt werden. Etwas Ähnliches gibt es schon in § 197a SGB V mit den Meldestellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen, die allerdings bei den Krankenkassen angesiedelt sind. Diese Meldestelle hat den Vorteil, dass sich an diese nicht nur angestellte Zahnärzte in MVZs wenden können. Vielmehr würde diese auch Ansprechpartner für alle angestellten Zahnärzte in herkömmlichen Praxen sein, in denen es ebenso zu Eingriffen in die Therapiefreiheit durch den Arbeitgeber kommen kann.
In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass die KZVen bereits über ein sehr gewichtiges Sanktionsmittel verfügen. In § 95 Abs. 6 SGB V ist nämlich geregelt, dass die Zulassung zu entziehen ist, wenn der Vertrags(zahn)arzt seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Dieses Sanktionsmittel würde durch eine solche Meldestelle zusätzlich gestärkt.

Das MVZ sollte direkt der Aufsicht der (Zahn)Ärztekammern unterliegen. Hier könnte man ebenso eine – passive – Mitgliedschaft in den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen andenken, wodurch Disziplinarmaßnahmen auch in einem Bereich möglich wären, der einen Zulassungsentzug noch nicht rechtfertigte.

Regionale Quoten für Krankenhaus-MVZ tragen zu einer ausgewogenen Verteilung bei und sorgen dafür, dass nicht in manchen Gebieten – wie schon jetzt z. B. der Laboratoriumsmedizin oder der Nephrologie – ausschließlich Investoren (oft genug sogar in der gesamten Region nur ein einziger Investor) den Markt dominieren und sowohl Patienten als auch potenzielle Mitarbeiter gar keine echte Wahl mehr haben. Dies macht auch mehr Sinn als der KZBV-Vorschlag der räumlichen Nähe zum Krankenhaus – es sind die großen Klinikketten, die überall Krankenhäuser betreiben, die nicht selten eine MKG-Chirurgie vorhalten. Das Kriterium der räumlichen Nähe nutzt nur diesen Ketten gegen unliebsame Mittbewerber.

Unternehmertum und Unternehmensgründung sollte gestärkt werden: Ähnlich dem Nachbesetzungsverfahren im ärztlichen Zulassungsrecht könnten auch bei einer Praxisübernahme im zahnärztlichen Bereich die Interessen des Abgebers sowie der Erben nur bis zum Verkehrswert der Praxis gesichert werden. Durch diese Obergrenze schützt man niederlassungswillige Zahnärztinnen und Zahnärzte und verhindert einen Überbietungswettbewerb, bei dem Investoren niederlassungswillige Zahnärztinnen und Zahnärzte bei einem beabsichtigten Praxiskauf überbieten können.

Ein Zahnarzt sollte immer z.B. mit 20% am Zahnarzt-MVZ mitbeteiligt sein. Die Forderung nach einer immer erforderlichen Mehrheitsbeteiligung ist hingegen nicht hilfreich. Investoren können nach den geltenden Rechnungslegungsvorschriften Tochterunternehmen im Konzernabschluss nur dann konsolidieren, wenn sie in diesen Tochterunternehmen die Mehrheit halten. Forderungen nach zwingenden Mehrheitsbeteiligungen der Zahnärzte erfolgen offensichtlich in Unkenntnis solcher Gegebenheiten. Mehrheitsbeteiligungen sind aber auch nicht erforderlich, weil ich auch Minderheitsbeteiligten über Vetorechte weitgehende Mitbestimmungsrechte einräumen kann.

Gegenüber der Politik machen wir uns für diese Vorschläge stark, um die Trägervielfalt in der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung zu erhalten, aber gleichzeitig medizinische Weiterentwicklung in einem Hochtechnologiebereich sowie Anstellungsmöglichkeiten für junge (Zahn)Ärzte zu fördern.

Für jeden, der an solchen Kompromissvorschlägen interessiert ist, stehen wir gerne als Ansprechpartner und Diskussionspartner zur Verfügung.

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