29. November 2021

Die Corona-Impfung ist laut der Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums freiwillig. Lange hat sich die Politik darauf verlassen, dass sich genügend Menschen in Deutschland freiwillig gegen COVID-19 impfen lassen werden. Doch die anfängliche Impfeuphorie ist zu schnell abgeflaut und das Ziel einer Herdenimmunität noch in weiter Ferne. Das hat dazu geführt, dass auch die vierte Corona-Welle das Land wieder fest im Griff hat. Die Inzidenzen explodieren und Krankenhäuser gelangen wieder an ihre Kapazitätsgrenzen.

Nachdem die Politik anfänglich immer beteuert hat, dass sie keine Impfpflicht gegen das Corona-Virus einführen werde, ist die Diskussion über eine allgemeine oder jedenfalls branchenspezifische Impflicht jetzt entbrannt. Die Einführung einer branchenspezifischen Impflicht, insbesondere für gewisse Berufsgruppen wie Ärzte und Pflegekräfte die besonders engen Kontakt zu vulnerablen Gruppen haben, wird immer wahrscheinlicher. Das betrifft auch Zahnärzte und die Mehrheit des Praxispersonals, die am Behandlungsstuhl sehr engen Kontakt zum Patienten haben. Doch wie sieht die Rechtslage aktuell aus?

Darf der Praxisinhaber seine Mitarbeiter dazu verpflichten, sich impfen zu lassen?

Zwar sieht § 23 Abs. 3 Nr. 8 IfSG vor, das Praxisinhaber sicherzustellen haben, dass die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um Infektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, zu vermeiden. Das kann den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit durch einen Zwang zur Impfung nicht rechtfertigen. Damit ist eine Impflicht auf Grundlage des Weisungsrechts des Arbeitgebers nicht umsetzbar.

Hat der Praxisinhaber ein Recht auf Auskunft, ob seine Mitarbeiter geimpft sind?

Während diese Frage zu Beginn der Pandemie noch kontrovers diskutiert wurde, hat der Gesetzgeber nunmehr einen Auskunftsanspruch festgeschrieben.

Die entsprechenden Erlaubnisnormen finden sich in den Spezialregelungen in § 23 a S. 1 IfSG und § 36 III 1 IfSG nF. Beide gestatten die Erhebung von Daten über den Impf- und Serostatus sowohl im Einstellungsverfahren als auch während des laufenden Arbeitsverhältnisses. Der sachliche Anwendungsbereich des § 23 a IfSG ist auf Einrichtungen des Gesundheitswesens wie Krankenhäuser, Arztpraxen etc. beschränkt. Mit § 36 III IfSG nF hat der Gesetzgeber – auf eine Beschlussempfehlung des Bundestag-Haushaltsausschusses vom 3.9.2021 hin – die Befugnis zur Erhebung des Impf- und Serostatus speziell in Bezug auf SARS-CoV-2 darüber hinaus auf bestimmte Gesundheits-, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen (Schulen, Kitas, Alten- und Pflegeheime, Obdachlosenunterkünfte, JVAs etc.) erstreckt.

Ein Auskunftsrecht des Praxisinhabers von Arzt- und Zahnarztpraxis ist nach den aktuellen Regelungen zu bejahen. Die Frage nach dem Impfstatus ist von den Mitarbeitern dann auch wahrheitsgemäß zu beantworten. Sonst drohen arbeitsrechtliche Sanktionen. Die Freiwilligkeit der Entscheidung über die Inanspruchnahme von Impfschutz bleibt unberührt.

Was ist zu tun, wenn Praxismitarbeiter eine Corona-Impfung ablehnen?

Praxismitarbeitern steht es frei, ob sie sich gegen das Corona-Virus impfen lassen oder nicht. Doch wie sollen Praxisinhaber mit Mitarbeitern umgehen, die sich nicht impfen lassen möchten? Können Praxisinhaber die Impfung zur Voraussetzung für die Weiterbeschäftigung machen?

Besteht kein Impfschutz und weigert sich der Mitarbeiter auch zukünftig, sich impfen zu lassen, muss der Praxisinhaber zunächst prüfen, ob gleichwertiger Infektionsschutz durch andere Maßnahmen wie das Tragen einer Maske, Hygienebestimmungen, Einhalten von Abstand erreicht werden kann. Ist dies nicht der Fall, muss der Praxisinhaber weiter prüfen, ob er den Mitarbeiter in der Praxis anders einsetzen kann. Es geht dabei um die Frage, ob der Mitarbeiter in Bereichen eingesetzt werden kann, in denen ein Impfschutz nicht zwingend notwendig ist.

Nur in letzter Konsequenz kann dem Praxismitarbeiter eine personenbedingte Kündigung wegen des Wegfalls der persönlichen Eignung oder auch eine unbezahlte Freistellung drohen. Das könnte nur in dann in Betracht kommen, wenn der Praxisinhaber keine Verwendung mehr für den ungeimpften Mitarbeiter hätte.

Arbeitsrechtlich denkbar ist es hingegen, über eine „Impf-Prämie“ finanzielle Anreize für Mitarbeiter zu schaffen, die sich für eine Impfung entscheiden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Praxisinhaber im Grundsatz alle Mitarbeiter gleich behandeln müssen, sodass auch Mitarbeitern, die eine Impfung verweigern, aus dieser Weigerung keine direkten Nachteile entstehen dürfen. Bei der Zahlung einer Impf-Prämie hat der Praxisinhaber ein nachvollziehbares Interesse an der Impfung. Dennoch bergen solche finanziellen Anreize Konfliktpotenzial.

Fazit zur Corona-Impfung in der Praxis

Viele dieser Fragestellungen zur Corona-Impfung werden nach und nach durch die Gerichte entschieden werden. Im Spannungsfeld zwischen Arbeitsrecht, Infektionsschutz und widerstreitenden Grundrechten gibt es auch weiterhin noch zahlreichen Diskussions- und Klärungsbedarf. Auch bleiben die Entwicklungen in der Politik abzuwarten, da die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht aktuell immer wahrscheinlicher wird.

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