3. August 2020

Aktuell wird heftig über die Existenz und Berechtigung zur Gründung von ZMVZ, insbesondere über die Einbindung von Investoren diskutiert. Dies steht vor allem im Zusammenhang mit dem Gesetzesvorhaben zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), in dem es unter anderem auch um die Änderung der gesetzlichen Regelungen für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) geht.

Im Rahmen der ganzen Diskussion zeigt sich, dass offensichtlich nicht jedem eigentlich wirklich bewusst ist, was ein ZMVZ überhaupt ist. Aufgrund des Wortes „Zentrum“ scheint z.B. schon eine verbreitete Fehlvorstellung zu existieren, dass man es mit klinikähnlichen Strukturen zu tun hätte, so dass die Existenz von Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) und Einzelpraxen hiervon bedroht seien. Dies ist mitnichten der Fall!

Mit diesem Beitrag soll für Klarheit gesorgt werden. Hier wird erklärt, was ein Zahnmedizinisches Versorgungszentrum (ZMVZ) ist, wie es sich von anderen vertragsärztlichen Versorgungs- und Praxisformen unterscheidet und warum es gute Gründe für die Existenz und Gründung von ZMVZ, ggf. auch Mithilfe von Investoren, gibt.

1. Was ist ein ZMVZ?

Der Begriff des Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) ist in § 95 Abs. 1 SGB V definiert:

„Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister (…) eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei.“

Ursprünglich war vorgesehen, dass MVZ fachübergreifend, also zwischen unterschiedlichen ärztlichen Fachgruppen gegründet werden können. Seit einer gesetzlichen Änderung im Juli 2015 mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz ist das Merkmal „fachübergreifend“ weggefallen, so dass es seitdem auch möglich ist, arztgruppengleiche MVZ zu gründen. Seitdem ist es daher auch möglich, rein zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren zu gründen. Die Abkürzung Z-MVZ hat sich in der Folge im Bereich der Zahnmedizin für rein zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren sprachlich eingebürgert.

2. Wie groß ist ein ZMVZ?

Tatsächlich sind (Z-)JMVZ historisch an die Organisationsform der ehemaligen Polikliniken der DDR angelehnt. Gleichwohl darf der Begriff „Zentrum“ nicht dahingehend missinterpretiert werden, dass es sich bei Z-MVZ stets um klinikähnliche Strukturen handelt. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall.

In einem (Z-)MVZ müssen mindestens 2 Ärzte/Zahnärzte angestellt tätig sein. Im humanmedizinischen Bereich bestehen MVZ nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung durchschnittlich aus 6,4 Ärzten. Im zahnärztlichen Bereich sieht es nicht anders aus, weil es sich bei den gegründeten Z-MVZ vornehmlich nicht um Neugründungen handelt, sondern lediglich um Praxen, die vorher schon als BAG mit 2-3 Praxisinhabern existierten. Sie haben lediglich ihre vertragszahnärztliche Zulassungsform in ein Z-MVZ geändert. Dies ist jedenfalls unsere Erfahrung, die wir in den vergangen dreieinhalb Jahren in etwa 210 Z-MVZ- Gründungen bundesweit gemacht haben.

3. Wer leitet das ZMVZ und wer kann es gründen?

Wie sich aus § 95 Abs. 1 SGB V bereits ausdrücklich ergibt, muss der zahnärztliche Leiter stets ein im Z-MVZ angestellter Zahnarzt oder ein Vertragszahnarzt sein. Da die meisten Z-MVZ nach unserer Erfahrung vor ihrer Gründung schon eine BAG waren, handelt es sich bei dem zahnärztlichen Leiter in der Regel um den oder einen der Praxisinhaber, der vorher als niedergelassener Vertragszahnarzt zugelassen war und auf seine vertragszahnärztliche Zulassung zugunsten der Anstellung im Z-MVZ verzichtet oder die eigene Vertragszahnarztzulassung in das Z-MVZ eingebracht hat.

Ob man auf die Zulassung zugunsten der Anstellung verzichtet oder die Zulassung mit in das 2Z-MVZ einbringt, hängt von mehreren unterschiedlichen Faktoren bei der 2Z-MVZ-Gründung ab, z.B. von der Wahl der Rechtsform. Ein Z-MVZ kann grundsätzlich in der Rechtsform einer Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft, einer GmbH oder in einer öffentlich-rechtlichen Rechtsform gegründet und betrieben werden. Welche Rechtsform in Betracht kommt, hängt ebenfalls wiederum vom Einzelfall ab, auch davon, wer das Z-MVZ gründet.

Nach der aktuellen Regelung in § 95 Abs. 1a SGB V können zugelassene (Zahn-)Ärzte, zugelassene Krankenhäuser, Erbringer von nichtärztlichen Dialyseleistungen, gemeinnützige Träger, die aufgrund von Zulassung, Ermächtigung an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmen, oder Kommunen ein (Z-)JMVZ gründen. Die Gründungsmöglichkeit ist also vor allem an die vertragszahnärztliche Zulassung geknüpft. Wie bereits erklärt, müssen darüber hinaus für die Gründung eines Z-MVZ nach Auffassung der Zulassungsausschüsse mindestens zwei Zahnärzte im MVZ tätig sein.

4. Wie unterscheidet sich ein ZMVZ von anderen Versorgungsformen?

Das Z-MVZ ist lediglich eine Möglichkeit von mehreren, an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilzunehmen. Es ist somit auch nur eine Möglichkeit von mehreren, wie sich Zahnärzte zusammenschließen können, um ihren Beruf zusammen mit Kollegen auszuüben. Daneben gibt es nach wie vor die Möglichkeit, eine Einzelpraxis oder eine BAG zu gründen. Ob es sich bei einer Zahnarztpraxis um eine BAG oder ein Z-MVZ handelt, ist für Patienten in der Regel überhaupt nicht spürbar. Denn die Bezeichnung als BAG oder Z-MVZ hat lediglich formale, zulassungsrechtliche Gründe, die für den Patienten im Rahmen der Behandlung nicht von Bedeutung und Interesse sind.

5. Warum ein ZMVZ gründen?

Es gibt mehrere gute Gründe, ein Z-MVZ zu gründen. Dazu gehören vor allem: Wachstumsmöglichkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Nachfolgeplanung. Gerade für BAGs können diese genannten Aspekte relevante Entscheidungsfaktoren sein, die BAG in ein Z-MVZ „umzuwandeln“.

a. Wachstumsmöglichkeit

In puncto Wachstum besteht für Praxisinhaber aufgrund rechtlicher Vorgaben das Problem, dass pro Vertragszahnarzt maximal nur 2 Vollzeit-Zahnärzte bzw. 4 Teilzeit-Zahnärzte angestellt tätig werden können. So können z.B. in einer BAG mit 2 Praxisinhabern maximal 4 Vollzeit-Zahnärzte, d.h. jeweils 2 Zahnärzte pro Praxisinhaber angestellt tätig werden. Für Praxen, die auf Wachstumskurs sind, waren in der Vergangenheit verbreitet sog. Juniorpartnerschaften die Lösung des Problems. Diese Konstruktion ist allerdings in den letzten Jahren zunehmend ins Fadenkreuz der Gerichte geraten, weil aufgrund der Ausgestaltung der Juniorpartnerschaften z.B. mangels eines unternehmerischen Gewinn-und Verlustrisikos oder wenn überhaupt nur sehr geringere Einflussmöglichkeiten des Juniorpartners auf unternehmerische Entscheidungen bestanden, faktisch gar keine Gesellschafterstellung, sondern vielmehr eine Scheinselbständigkeit anzunehmen war. Dies führte zu einem erheblichen Regress- und Haftungsrisiko für die Praxisinhaber.

Die Begrenzung der maximal zulässigen Angestelltenzahl besteht bei einem Z-MVZ nicht. Das Z-MVZ als Ganzes nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Die Zulassung weiterer angestellter Zahnärzte ist möglich. In Zeiten, in denen auf der einen Seite Spezialisierungen erforderlich und auch enorm gefragt sind, zum anderen aber auch die Nachfrage nach einem umfassenden Behandlungsangebot groß ist, kann es sich also geradezu empfehlen, ein Z-MVZ zu gründen, wenn man diesen Anforderungen gerecht werden möchte.

Auch im Falle, dass man einen oder mehrere Praxisstandorte gründen möchte, kann ein Z-MVZ mehr Handlungsspielraum bieten, weil die nach der Berufsordnung regelmäßig vorgesehene zahlenmäßige Beschränkung auf zwei weitere Praxisstandorte neben dem Vertragszahnarztsitz für ein Z-MVZ nicht gilt.

b. Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Schaut man in die Zukunft, spielt es zudem eine erhebliche Rolle, dass junge Zahnärztinnen und Zahnärzte zunehmend ein Anstellungsverhältnis mit geregelten Arbeitszeiten bevorzugen, anstatt alleine oder zusammen mit anderen eine eigene Praxis zu gründen. Hier ist ein Wandel zu sehen, der unter anderem auch damit zusammenhängen dürfte, dass zunehmend Frauen den Zahnarztberuf ergreifen. Alle Zahnärztinnen, die sich fürs Kinderkriegen und eine selbständige Tätigkeit als Zahnärztin bereits entschieden haben, wissen um die Herausforderungen und Verantwortung, Familie und Selbständigkeit unter einen Hut zu bekommen, und dabei allen, nämlich den eigenen Kindern und dem Familienleben auf der einen sowie den Patienten, den Mitarbeitern, den vertragszahnärztlichen Vorgaben und damit einer nachhaltigen und erfolgreichen

Praxisführung auf der anderen Seite gerecht zu werden. Dieser Spagat erfordert viel Einsatz und ist nicht für jede Zahnärztin gemacht. Das Streben nach mehr Zeit für Familie und Kinder und der Inanspruchnahme z.B. von Elternzeit sowohl von Müttern als auch Vätern ist verbreitete Realität.

Schließlich ist nicht zu unterschätzen, dass es schwieriger geworden ist, gutes zahnärztliches Fachpersonal zu finden und langfristig zu halten. Die Konkurrenz ist groß und somit die Herausforderung in der Arbeitgeberrolle nicht zu unterschätzen.

Es gibt jedenfalls eine Reihe von nachvollziehbaren und berechtigten Gründen, warum Zahnärztinnen und Zahnärzte das Anstellungsverhältnis einer selbständigen Tätigkeit, mit Verantwortung für Patienten (als Behandler), Personal (als Arbeitgeber), Räumlichkeiten, Technik und Finanzen (als Unternehmer) und den damit verbundenen Risiken, vorziehen.

Gibt es also zunehmend mehr Zahnärztinnen und Zahnärzte, die im Anstellungsverhältnis tätig werden wollen, gibt es denklogisch weniger Zahnärztinnen und Zahnärzte, die sich für die Selbständigkeit entscheiden und damit die eigene Praxis (mit-)gründen oder übernehmen wollen. Mit der Gründung eines Z-MVZ kann auf diesen Wandel adäquat reagiert werden, um die Patientenversorgung nachhaltig sicherzustellen. Damit kommen wir auch zum nächsten Argument für eine Z-MVZ-Gründung:

c. Nachfolgeplanung – Sicherung der Patientenversorgung

Vor allem in ländlicheren Gebieten ist es gar nicht so einfach, einen Nachfolger und Käufer für die Praxis zu finden. Dies hängt damit zusammen, dass es viele Zahnärztinnen und Zahnärzte nach dem Studium in der Stadt und/oder der Weiterbildung nicht unbedingt zurück in das eigene Dorf oder generell auf das Land zieht. Auf der anderen Seite hängt es auch mit dem bereits beschriebenen Wandel zusammen, dass zunehmend eine zahnärztliche Tätigkeit im Anstellungsverhältnis angestrebt wird. Dies führt in ländlichen Gebieten zu einem Problem in der Praxisabgabe für den einzelnen Praxisinhaber, allerdings und vor allem auch zu einem Problem in der Patientenversorgung.

An dieser Stelle können gerade entsprechende Z-MVZ-Strukturen helfen, die Praxisabgabe und damit auch die Patientenversorgung zu sichern. Gerade in ländlichen Gebieten, in denen keine Nachfolger mehr gefunden werden, können und werden durch überörtliche Klinik-MVZ-Modelle Praxisstrukturen aufrechterhalten. In diesem Kontext können auch Investoren durchaus eine Rolle spielen, um diese Praxismodelle überhaupt erst zu realisieren. So gibt es traditionelle Krankenhäuser und Familienunternehmen, die sich in der Zahnmedizin engagieren wollen und durch Gründung von Z-MVZ in die zahnärztliche Tätigkeit und die Patientenversorgung „investieren“. Daneben gibt es die klassischen Finanzinvestoren. So oder so tragen Investorentätigkeiten gerade in diesen Bereichen dazu bei, die zahnärztliche Versorgung für die Patienten durch die Übernahme einer Einzelpraxis oder BAG aufrecht zu erhalten.

Fazit

Ein ZMVZ ist lediglich eine weitere Versorgungsform und Gestaltungsmöglichkeit zahnärztlicher Berufsausübung neben den traditionellen BAGs und Einzelpraxen. Ob eine Zahnarztpraxis ein Z-MVZ oder eine BAG ist, ist für den Patienten nicht erkennbar. Die meisten bisher gegründeten Z-MVZ waren vorher BAGs, die lediglich aus Gründen der besseren Wachstumsmöglichkeit sowie auch im Rahmen der Nachfolgeplanung zur eigenen Absicherung und zur Sicherstellung der Patientenversorgung „rein formal“ umgewandelt wurden.

Insbesondere in ländlicheren Bereichen, in denen keine Nachfolger gefunden werden, können gerade die in der öffentlichen Kritik stehenden überörtlichen Z-MVZ-Strukturen, die – ggf. auch mit Hilfe von Investoren, seien es Familienunternehmen, Krankenhäuser oder Finanzinvestoren – gegründet werden, ein sinnvolles und zukunftsgerichtetes Lösungsmodell sein. Dies sowohl für Praxisabgeber, als auch für die Patienten, deren Versorgung damit gesichert wird. Ob jemand eine Einzelpraxis, eine BAG oder ein Z-MVZ gründen möchte oder ein Anstellungsverhältnis der Selbständigkeit vorzieht, ist stets eine Frage, die jeder individuell je nach Lebensplanung für sich prüfen und beantworten muss.

In Zeiten, in denen Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine zunehmend größere Rolle spielt und mehr und mehr Zahnärzte ein Anstellungsverhältnis bevorzugen, können allerdings gerade Z-MVZ-Strukturen ein gutes Lösungsmodell sein, um diesem Wunsch nach Wirklichkeit gerecht zu werden.

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