9. März 2007

Wer bei der Versendung von Newslettern an Kollegen die berufsrechtlichen Vorschriften einhält, muss sich vor Konsequenzen nicht fürchten. Dies hat das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 19.04.2005 (Az.: 15 O 673/04) klar gestellt, wonach die Versendung rechtlich zulässig ist, wenn der Newsletter sachgerecht und angemessen ist und ein reißerischer und marktschreierischer Ton unterlassen wird. Ingesamt ist ein Wandel in der Rechtssprechung zum Werberecht festzustellen, der das ehemals bestehende Werbeverbot in ein Werberecht umgewandelt hat.

Begonnen hat diese Entwicklung mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Werberecht für Apotheken (BVerfG NJW 1996, 3067). Unzählige Urteile des BVerfG (BverfG NJW 2002, 3091; NJW 2003, 879) aber auch des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR MedR 2003, 290) folgten und haben das bestehende Werbeverbot zunehmend begrenzt, bis es tatsächlich zu einem Werberecht erstarkt war. Doch noch immer bestehen nicht in allen Bereichen klare Vorgaben für die Abgrenzung zwischen erlaubter und verbotener Werbung, so dass die Entwicklung des Werberechts noch nicht als abgeschlossen anzusehen ist.

So ging es in dem Fall des Landgericht Berlins um eine radiologische Praxis, die gegen eine andere radiologische Praxis klagte, die an Ärzte Newsletter versandt hatte. Gerade Ärzte und Zahnärzte, deren Praxisbetrieb die Patienten- Zuweisung anderer Ärzte und Zahnärzte erfordert, möchten natürlich gerne Kollegen durch Werbemaßnahmen, seien es Mailings oder Newsletter, auf sich aufmerksam machen.

Die klagende radiologische Praxis sah hierin einen Wettbewerbsverstoß, da die Versendung von Newslettern sowohl einen Verstoß gegen das Berufsrecht als auch gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darstelle. Der Newsletter beinhaltete eine Beschreibung des Leistungsspektrums unter Nennung der darauf spezialisierten Ärzte und richtete sich ausschließlich an Ärzte.

Das LG Berlin wies die Klage der radiologischen Praxis jedoch im Hinblick auf alle vorgetragen Aspekte ab.

Dem Arzt verbietet die Musterberufsordnung zwar jede berufswidrige Werbung, dies ist anpreisende, vergleichende und irreführende Werbung. Doch bereits der BGH hatte in seiner Entscheidung im Jahr 2000 (BGH, NJW 2001, 1791) klargestellt, dass sich die Frage der Zulässigkeit der Werbung nach Ansicht der Gerichte nicht mehr anhand des Empfindens der möglicherweise allzu konservativen Standeskreise entscheide, sondern nach Auffassung der Allgemeinheit als eigentlichem Adressat der Werbung. Für interessengerechte und sachangemessene Information, die keinen Irrtum erregt, muss daher im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr Raum bleiben. Dem Arzt ist es dementsprechend unbenommen, in angemessener Weise auf seine Leistung hinzuweisen und zur Befriedigung eines an ihn herangetragenen Informationsinteresses auf seine Leistung hinzuweisen.

Zwar wird bis heute von den Bundesärztekammern vertreten, dass das Verbreiten von Flugblättern, Postwurfsendungen und Mailaktionen anpreisend und daher berufswidrig sei. Diese Auffassung ist jedoch angesichts der bestehenden Rechtsprechung sowohl des BGH als auch des BVerfG nicht mehr haltbar.

Da es sich bei dem Newsletter der radiologischen Praxis um eine interessen- und sachangemessene Informationen handelt, die keinen Irrtum erregt, wies das Landgericht die Klage unter Verweis auf die bestehende Rechtssprechung ab. Diese Rechtssprechung gelte dabei umso mehr bei Versendung von Newslettern an Kollegen.

Die vorliegende Rechtssprechung und damit einhergehende Wandelung des ärztlichen Werberechts schafft neue Möglichkeiten. Dennoch sei vor planlosem Aktionismus gewarnt. Denn trotz aller Freiheiten gilt es die nach wie vor bestehenden Grenzen der Berufsordnung, des Heilmittelwerbegesetzes (HWG)und des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten. Dass dies leider allzu oft nicht passiert, zeigt eine Schätzung der Ärztekammer, die ca. 40 % der bestehenden Praxishomepages als rechtlich problematisch einstuft. Dies unabhängig davon, ob die Homepage von einer Werbagentur betreut wurde. Zwar bestehen derartige Erhebung zu Newslettern nicht, die Statistik zeigt jedoch deutlich, dass es erforderlich ist, Werbeaktionen rechtlich von einem Medizinrechtlicher überprüfen zu lassen, da nur dieser im Einzelfall einschätzen kann, ob die Maßnahme rechtlich zulässig ist. Denn wer die Vorschriften des UWG, der HWG und der MBO nicht beachtet, muss mit Geldbußen und kostenintensiven Abmahnung rechnen.
 

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