5. August 2012

Mit Urteil vom 07.05.2012 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden, dass eine Werbung für (Zahn)Ärzte mit Hinweis darauf, diese nähmen eine Spitzenstellung unter der deutschen (Zahn)Ärzteschaft ein, unzulässig ist.

Eine Wettbewerbszentrale hatte den Betreiber eines Ärzteverzeichnisses wegen Werbeäußerungen auf der Internetseite www….-guide.com auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Der beanstandete Internetauftritt, wendet sich vorrangig an Patienten, die Experten aus verschiedenen medizinischen Fachbereichen wie Augenheilkunde, Chirurgie etc. suchen. Diese wurden u. a. als „Spitzenmediziner“ bezeichnet und waren unter ihren jeweiligen Fachgebieten mit werbenden Beschreibungen auffindbar.

Die Beschreibungen der einzelnen Fachbereiche wurden u. a. wie folgt eingeleitet:

„Deutsche Spitzenmediziner – Finden Sie von Chefärzten empfohlene Mediziner nach Fachbereichen. … Neben Informationen über Behandlungsschwerpunkte und dem diagnostischen und therapeutischen Leistungsspektrum, erfahren nationale und internationale Patienten wie und wo führende medizinische Experten zu erreichen sind.“

Das OLG Karlsruhe hat die Darstellung auf der Internetseite wegen der dort enthaltenen, irreführenden Spitzenstellungsbehauptungen als unzulässig erachtet, da die Darstellung der Ärzte auf der Internetseite bei Patienten den Eindruck erwecke, dass die dargestellten Ärzte gegenüber anderen Ärzten eine erhebliche Sonderstellung einnehmen.

Das OLG Karlsruhe verweist in seinem Urteil darauf, dass die Werbung dem angesprochenen Patienten den Eindruck vermitteln, dass die vorgestellten „Spitzenmediziner“ nach sachlichen Kriterien und in einem die Objektivität sicherstellenden Verfahren ausgewählt worden sind.

Diese Werbebehauptung ist jedoch unzutreffend, wenn die vorgestellten Mediziner tatsächlich nicht zu einer Spitzengruppe gehören, deren Qualifikation einen deutlichen und nachhaltigen Vorsprung gegenüber dem Durchschnitt der auf dem jeweiligen Gebiet tätigen Fachärzte aufweist.

Da der Betreiber der Internetseite nicht darlegen konnte, warum es sich bei den dargestellten Ärzten um „Spitzenmediziner“ handeln soll.

Das Gericht machte dabei deutlich, dass beispielsweise Häufigkeit bestimmet Eingriffe, ungeeignet zur Beurteilung der Fähigkeit eines Operateurs sei. Gleiches gilt für die Anzahl der Fachpublikationen; weder das Fehlen wissenschaftlicher Veröffentlichungen noch die Vielzahl solcher Beiträge vermögen eine herausragende Qualifikation eines Arztes als Diagnostiker, als Operateur oder als Therapeut zu widerlegen oder zu belegen. Für akademische Titel, Forschungsauszeichnungen und die Zugehörigkeit zu wissenschaftlichen Gesellschaften gilt Entsprechendes; sie lassen keine Schlüsse auf die Erfolge bei der Heilbehandlung zu.

Die Reputation eines Arztes bei Fachkollegen ist als solche ebenfalls für aussagekräftig (vgl. hierzu auch BGH GRUR 1997, 914 – Die Besten II).

Zudem führt das OLG Karlsruhe aus, dass wenn sich ein Arzt als „Spitzen-Mediziner“ bezeichnen möchte, er greifbaren Anhaltspunkte zu dem erforderlichen Abstand zum „Durchschnitts-Facharzt“ darlegen können muss.

Zugleich beanstandete das Gericht die Darstellung der Ärzte auf der Internetseite als „als Information getarnte Werbung“. Denn von einem Arzt finanzierte redaktionelle Inhalte, die der Praxiswerbung dienen sollen, sind eindeutig als Werbung zu kennzeichnen.

Die beanstandete Internetseite erschien ihrer Gestaltung nach als objektive neutrale Berichterstattung durch den Betreiber der Internetseite. Zudem wurde auf der Internetseite explizit behauptet, dass nur solche Ärzte einen Platz in der Internetpräsentation erhalten, die aufgrund ihrer herausragenden Qualifikation objektiv und neutral u. a. von der „… Redaktion“ ermittelt worden sind.

Tatsächlich aber hatten die „Spitzenmediziner“, die sich auf der Internetseite darstellen ließen, ein Entgelt in erheblicher Höhe an den Betreiber der Internetseite gezahlt.

Dass es sich also tatsächlich um bezahlte Werbung handelte, wurde im angegriffenen Internetauftritt an keiner Stelle klargestellt oder auch nur erwähnt. Infolgedessen war für die Patienten, die die Internetseite zur Suche eines Arztes aufsuchten aufgrund der Darstellung nicht erkennbar, dass der Internetauftritt in seiner Gesamtheit eine kommerzielle, von den präsentierten Ärzten durch hohe Entgelte an die Beklagte (mit-)finanzierte Werbeplattform darstellt. Vielmehr wird durch die genannten Texte der Eindruck einer nicht nur fachlichen, sondern auch wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Redaktion von den „Spitzenmedizinern“ erzeugt, die im Interesse einer optimalen Behandlung ratsuchender Patienten Informationslücken über ärztliche Qualifikationen schließt.

Da also nicht eindeutig erkennbar war, dass es sich bei der gesamten Internetdarstellung um von den Ärzten finanzierte Werbung handelt, war die Internetseite bereits aus diesem Grund rechtswidrig.

In diesem Fall richtete sich die Klage gegen den Betreiber der Internetseite. Denkbar wäre natürlich auch gewesen, dass die Ärzte, die diese Seite als Werbeplattform nutzten, berufsrechtlich zur Rechenschaft gezogen wären. Denn jeder beteiliget Arzt hat durch diese Form der Werbung auch gegen die einschlägigen berufsrechtlichen Vorschriften verstoßen. Daher gilt für jeden Arzt, angeblich „seriöse“ Werbeangebote genau zu prüfen, um böse Überraschungen in Form von berufsrechtlichen Ermittlungsverfahren zu vermeiden.

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