5. Januar 2011

Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung auf die Revision des Angeklagten hin ein Urteil des Landgerichts Mönchengladbach, vom 15. Januar 2010 (27 Ks 2/10) gegen den früheren Chefarzt einer Klinik in Wegberg aufgehoben und zur Neuverhandlung wieder zurück verwiesen. Der Zitronensaft Fall.

Der Arzt wurde vom Landgericht Mönchengladbach wegen einer Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten mit Bewährung verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der Chefarzt kunstgerecht eine Darmoperation an einer Patientin durch. Danach hatte sich die Wunde entzündet. Der Arzt behandelte diese unter anderem mit in der Stationsküche unter nicht sterilen Bedingungen hergestelltem Zitronensaft. Eine vorherige Aufklärung über diese Behandlungsmethode fand nicht statt. Auch bei der zweiten Operation (Reoperation) verwendete der Arzt Zitronensaft ohne die Patientin hierauf hinzuweisen. Rund zwei Wochen nach der ersten Operation verstarb die diese an den Folgen der Wundheilungsstörung.

Das Landgericht sah zwar keine Mitursächlichkeit des Zitronensaftes an dem Tod der Patientin, ging aber von einer vorherigen Aufklärungspflicht bezüglich dessen Verwendung bei der Nachbehandlung möglicher Wundinfektionen aus, so dass mangels Einwilligung in die erste Operation diese eine rechtswidrige Körperverletzung darstelle. Da die Patientin wegen der hierdurch bedingten Wundinfektion starb, verurteilte das Landgericht den Arzt zu einer Körperverletzung mit Todesfolge.

Der 3. Strafsenat des BGH hingegen geht nicht von einer vorherigen Aufklärungspflicht aus. Demnach hätte der Arzt die Patientin im Vorfeld nicht über den Einsatz von Zitronensaft bei etwaigen Komplikationen durch eine Wundheilstörung informieren müssen, so dass die erste Operation auch nicht als rechtswidrige Körperverletzung gewertet werden könne.

Über die Art einer solchen Nachbehandlung müsse der Arzt vor der ersten Operation nur in Ausnahmefällen aufklären. Eine solche Konstellation ist gegeben, wenn der Nachbehandlung ein massives Risiko für die künftige Lebensführung anhaftet, wie etwa der Verlust eines Organs. Davon sei in folgendem Fall nicht auszugehen. Zudem sei das Einbringen von Zitronensaft auch nicht die einzige mögliche Behandlung gewesen. Der Arzt behandelte die Wundinfektion zusätzlich mit Antibiotika, so dass der BGH in der Anwendung des Zitronensaftes „ausschließlich eine weitere bakterielle Belastung“ sah, die nicht mit der vom Strafsenat beschriebenen Gefahr für die künftige Lebensführung, wie dem Verlust eines Organs, vergleichbar sei. Des Weiteren sieht der BGH ausreichend Spielraum für eine Aufklärung nach der ersten Operation, insbesondere, da die Patientin noch in der Lage gewesen sei, eigenverantwortlich ihre Einwilligung in die Reoperation zu geben. Somit hätte sie bei Aufklärung vor Beginn der Nachbehandlung zwischen den Alternativen Zitronensaft und herkömmlichen Medikamenten, wie Antibiotika, wählen können. Diese Aufklärung sei im Übrigen auch notwendig gewesen, da es sich nach den BGH Richtern bei dem Einsatz mit Zitronensaft um eine „unerprobte Außenseitermethode“ handelt. Nach bisherigen Kenntnissen hätte sich der ehemalige Chefarzt somit lediglich einer gefährlichen Körperverletzung in Bezug auf die Reoperation schuldig gemacht.

Wie auch das Landgericht sieht der BGH keine Mitursächlichkeit des Zitronensaftes für den Tod der Patientin. Eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge ist nach den Feststellungen des BGH daher nicht möglich. Eine Zurückverweisung sei allerdings notwendig, da eine Verurteilung des Landgericht wegen Körperverletzung mit Todesfolge immer noch auf anderer Tatsachengrundlage möglich sei.

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