28. August 2013

Gibt ein Apotheker in grob fehlerhafter Weise ein falsches Medikament an einen Patienten aus und bleibt unaufklärbar, ob ein gesundheitlicher Schaden des Patienten auf diesen Fehler zurückzuführen ist, muss der Apotheker entsprechend den Arzthaftungsgrundsätzen beweisen, dass der Schaden nicht auf der Fehlmedikation beruht. Dies hat das Oberlandesgericht Köln am 07.08.2013 entschieden (Az.: 5 U 92/12).

In dem Verfahren ging es um einen Apotheker, der einem Patienten ein herzstärkendes Medikament ausgab. Die Besonderheit lag darin, dass das Rezept aufgrund eines Versehen des behandelnden Arztes eine 8-fach überhöhte Dosierung vorsah.

Das Gericht vertrat nun die Auffassung, dass der Apotheker angesichts des Alters des Patienten die Überdosierung hätte erkennen müssen. Der Apotheker erkannte den Fehler jedoch nicht und gab das rezeptierte überdosierte Medikament aus. Der Patient erlitt darauf hin, nach wenigen Tagen der Einnahme des Medikaments, einen Herzstillstand und musste über 50 Minuten hinweg reanimiert werden. Zudem war der Darm des Klägers beschädigt.

Sowohl der behandelnde Arzt als auch der Apotheker wurden daraufhin auf Schadenersatz in Anspruch genommen.

Bereits in erster Instanz waren Arzt und Apotheker antragsgemäß zum Schadensersatz verurteilt worden. Das Oberlandesgericht hat die landgerichtliche Entscheidung nunmehr bestätigt.

Dabei stellte das Gericht klar, das der Arzt und der Apotheker beweisen müssten, dass der bei dem Patienten eingetretene erhebliche Schaden nicht aufgrund der Überdosierung entstanden sei. Dies sei ihnen jedoch nicht gelungen.

Für den Bereich der Haftung von Ärzten für Behandlungsfehler ist seit langem folgende Verteilung der Beweislast anerkannt: Bei einem einfachen Behandlungsfehler muss der Patient beweisen, dass ein Schaden auf der fehlerhaften Behandlung beruht. Bei einem groben Behandlungsfehler wird hingegen vermutet, dass der Schaden kausal auf den Fehler zurückgeht.

Diese seit langem geltende Beweislastverteilung ist mittlerweile auch gesetzlich geregelt, § 630h Abs. 5 BGB.

Diese Beweislastverteilung wurde nun auch auf die Haftung von Apothekern übertragen. Diese Frage war bislang von der Rechtsprechung unbeantwortet geblieben.

Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass dem Apotheker ein solcher Fehler „schlechterdings nicht unterlaufen“ dürfe. Angesichts des hochgefährlichen Medikaments hätte der Apotheker in ganz besonderer Weise Sorgfalt walten lassen und den Fehler im Rezept erkennen müssen. Es handele sich somit um einen groben Fehler.

Da die Frage, ob die Grundsätze zum „groben Behandlungsfehler“ auf Apotheker übertragen werden können, von grundsätzlicher Bedeutung ist, hat das Oberlandesgericht die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Das Urteil ist mithin nicht nicht rechtskräftig. Es bleibt also der weitere Fortgang des Verfahrens abzuwarten. Wir werden weiter über diese interessante Frage berichten.

OLG Köln, Urteil vom 07.08.2013 – 5 U 92/12.

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