6. Juli 2021

Im Vertragsarztwesen ist die Anstellung von angestellten Ärzten oder Zahnärzten stets auch von der Anstellungsgenehmigung durch den Zulassungsausschuss im jeweiligen KZV-Bereich abhängig. Aufgrund entsprechender Vorlaufzeiten ist es durchaus üblich, dass in den Arbeitsverträgen daher auch längere Kündigungsfristen vereinbarten werden als gesetzlich vorgesehen, so z.B. Kündigungen nur zum Quartalsende. Damit lässt sich im Idealfall vermeiden, dass ein angestellter Arzt/Zahnarzt zu kurzfristig ausfällt, ohne dass eine nahtlose Neueinstellung möglich wäre. Was ist aber, wenn ein Mitarbeiter doch zu einem früheren Zeitpunkt kündigt und dann auch nicht mehr zur Arbeit erscheint? Hat der Arbeitgeber dann gegebenenfalls sogar einen Anspruch auf Schadensersatz bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist?

Nichteinhaltung der Kündigungsfrist durch Arbeitnehmer

Mit dieser Frage hatte sich das LAG Köln kürzlich zu befassen (Urteil vom 05.03.2021, 10 Sa 802/20). Dort ging es um ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), in dem eine Kinder- und Jugendpsychotherapeutin im Umfang von 20 Wochenstunden, also auf einem ½ KV-Sitz, beschäftigt war. Da die Therapeutin einen neuen Arbeitsplatz in Aussicht hatte, bat sie zunächst um vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2019. Gleichzeitig kündigte sie rein vorsorglich das Arbeitsverhältnis zu diesem Datum. Die Kündigung wurde ihr vom MVZ nur zum 31.12.2019 bestätigt, weil die ordentliche Kündigungsfrist 6 Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres betrug. Die Therapeutin hielt an ihrer Entscheidung gleichwohl fest und kam ab dem 01.07.2019 nicht mehr zur Arbeit. Das MVZ machte daher Schadensersatzansprüche in Höhe des Umsatzausfalls für das zweite Halbjahr 2019 wegen Nicheinhaltung der Kündigungsfrist geltend.

Tatsächlich ist ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers gegenüber der Angestellten grundsätzlich denkbar, wenn das Arbeitsverhältnis wie hier vorzeitig beendet wird. Die Angestellte hatte entgegen der vereinbarten Kündigungsfrist ihre Arbeitsleistung nach dem 30.06.2019 pflichtwidrig nicht mehr erbracht und hatte dies auch unstreitig zu vertreten.

Gleichwohl reicht die unbestrittene Pflichtverletzung allein nicht, um einen kausalen Schaden begründen zu können. Das MVZ hat im vorliegenden Fall schon nicht präzise genug den erwarteten Umsatzerlös für das 2. Halbjahr begründen können. Darüber hinaus musste sich das MVZ entgegen halten lassen, dass es nicht ausreichend für Vertretungskräfte gesorgt hatte, um Umsatzausfälle zu vermeiden. So stand wohl der Einsatz einer bestimmten Honorarkraft im Raum, die letztlich vom MVZ abgelehnt wurde. Zum anderen stand die Vertretung durch eine neueingestellte Kollegin im Raum, die noch freie Kapazitäten hatte und daher Behandlungskapazitäten hätte übernehmen können. Insgesamt war das MVZ diesen Tatsachen nicht widerspruchsfrei und plausibel entgegen getreten, so dass ein Verstoß gegen die sog. Schadensminderungspflicht angenommen wurde.

Praxistipp im Fall der vorzeitigen Arbeitnehmerkündigung

Schadensersatzansprüche aufgrund von Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis sind grundsätzlich denkbar. Dies auch, wenn ein Arbeitnehmer vorzeitig das Arbeitsverhältnis beendet. Um einen Anspruch auf Schadensersatz erfolgreich durchzusetzen, erfordert es allerdings auch einen hinreichenden und schlüssigen Vortrag sowohl zum Grund als auch zur Höhe des behaupteten Schadens. Oftmals scheitert es genau hieran, weil sich ein Anspruch schon gar nicht richtig beziffern lässt. In jedem Einzelfall muss daher genau abgewogen werden, ob sich eine gerichtliche Auseinandersetzung insofern lohnt. Eine gute arbeitsrechtliche Beratung wägt immer auch Kosten Nutzen ab. Und im Zweifel lohnt es sich viel mehr, die Zeit und Kosten eines Rechtsstreits in eine nachhaltige und moderne Unternehmensentwicklung und Mitarbeiterbindung zu stecken, um Fluktuationen von Mitarbeitern von Anfang an möglichst zu vermeiden.

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