31. Mai 2023

Die Bedürfnisse der arbeitnehmenden Generationen entwickeln sich zunehmend weg von den klassischen Arbeitsmodellen hin zu flexibel gestalteten New-Work-Modellen. In diesem Zusammenhang viel diskutiert wird dazu derzeit die 4-Tage-Woche. Für ärztliche Arbeitgebende ist es gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sinnvoll, sich mit den alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen und neue Anreize zu schaffen.

Generationen Y und Z im Arbeitsleben

Die sogenannten Millennials, die Generation Y, sind die Kinder der 80er und 90er Jahre, denen im Vergleich zur vorherigen Generation X ein größeres Bedürfnis nach Selbstverwirklichung im Arbeitsleben zugeschrieben wird. Die Arbeit soll damit nicht mehr nur Mittel zum Zweck sein, sondern ein Weg, die eigene Persönlichkeit auszudrücken. Gleichzeitig hat die Familie einen zunehmend hohen Stellenwert und der Begriff „Work-Life-Balance“ beschreibt gut das steigende Bedürfnis nach flexiblen Arbeitsmodellen.

Über das Verhalten der Folgegeneration Z im Arbeitsleben liegen noch wenige valide Studien vor. Insgesamt setzt sich der Stellenwert der Familie wohl fort und damit verbunden ein besonderes Bedürfnis nach klaren Regelungen, die die deutliche Trennung von Arbeit und Privatem ermöglichen.

Bedürfnisse erfüllen

Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, den unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, um in den umkämpften Branchen auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. Das Angebot des viel zitierten Obstkorbs genügt angesichts der sich wandelnden Vorstellung der verschiedenen Generationen nicht. Wer attraktiv für die gut ausgebildete und mit Berufserfahrung versehenen Fachkräfte der Generation Y sein möchte, sollte Arbeitsmodelle bieten, die Alternativen zu den klassischen Orts- und Zeitvorgaben bieten. Je etablierter diese Modelle mit der Zeit umgesetzt werden können, desto eher dürften diese dann auch für eine Nachwuchsgewinnung in der Generation Z geeignet sein.

Arbeitszeitmodell in der Praxis

Ein Ansatz, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden nach flexiblen Arbeitszeiten zu erfüllen, ist die Gewährung von Vertrauensarbeitszeit. Bei dieser können die Mitarbeitenden ihre Arbeitszeit weitgehend eigenständig und selbstverantwortlich gestalten, lediglich das Volumen der wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit ist festgelegt. Im Fokus steht dabei nicht die Kontrolle der Arbeitszeiten, sondern das Vertrauen, dass die vereinbarten Aufgaben erledigt werden. Wenn auch seit einiger Zeit durch die neuen Anforderungen des Nachweisgesetzes sowie dem vorgelegten Entwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes in der Regelung etwas erschwert, ist Vertrauensarbeitszeit nach wie vor grundsätzlich möglich. Im (zahn-)ärztlichen Praxisalltag dürfte sie jedoch wenig praktikabel und allenfalls auf einzelne Verwaltungsmitarbeitende sinnvoll anwendbar sein.

Um den laufenden Sprechstundenzeiten und der Behandlungsterminierung Rechnung tragen zu können, sind konkrete Arbeitszeitvereinbarungen meist unerlässlich. Den Bedürfnissen der Mitarbeitenden nach Familienzeit wird häufig durch tägliche Teilzeitarbeit, also einem unter den klassischen 8 Tagesstunden liegenden Arbeitsumfang, begegnet. Gerade bei Mitarbeitenden mit kleineren Kindern häuft sich dann die Bereitschaft zur Arbeit am Vormittag und es nicht selten ergeben sich für Arbeitgeber so Engpässe am Nachmittag.

Vier-Tage-Woche

Derzeit in aller Munde ist die Einführung von New Work mit einer 4-Tage-Woche. Selten genug wird dabei genau definiert, was gemeint ist. Die 4-Tage-Woche kann auf unterschiedliche Weise gestaltet werden:

  • Vier Tage mit gleichbleibender Stundenzahl und Vergütung: In diesem Modell arbeiten die Mitarbeiter an vier Tagen in der Woche, wobei die tägliche Arbeitszeit unverändert bleibt. Die Vergütung bleibt gleich wie bei einer 5-Tage-Woche.
  • Vier Tage mit längeren Arbeitszeiten und gleichbleibender Vergütung: Bei diesem Modell wird die gleiche Wochenarbeitszeit auf vier Tage verteilt, wodurch die tägliche Arbeitszeit verlängert wird. Dies ermöglicht den Arbeitnehmern einen zusätzlichen freien Tag pro Woche.
  • Komprimierte Arbeitswoche: Die Arbeitszeit wird über mehr als eine Woche so verteilt, dass bei beispielsweise jede zweite Woche ein freier Tag entsteht. Gesamtstundenzahl und Vergütung bleiben gleich.
  • Teilzeitarbeit: Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass Mitarbeitende ihre Arbeitszeit auf eine 4-Tage-Woche bei reduzierter Stundenanzahl umstellen. Dies bedeutet, dass die Mitarbeiter an vier Tagen in der Woche arbeiten und die Vergütung entsprechend angepasst wird.  

Umsetzung in der Praxis

Neu gedacht ist dabei einzig das Modell, bei dem die Arbeitnehmenden an vier Tagen mit einer Vergütung, die den bisherigen fünf Tagen entspricht, arbeiten. Je nach Branche und Tätigkeitsbereich mag dies möglich und vielleicht auch sinnvoll sein. In der Praxis dürfte das Modell allerdings weder für ärztliches noch für nichtärztliches Personal betriebswirtschaftlich zu verantworten sein und die in diesem Zusammenhang häufig angeführte Effizienzsteigerung mit sich bringen.   

Gleichwohl finden sich in den Ansätzen für eine Vier-Tage-Woche gute Anreize, außerhalb der gewohnten Bahnen zu denken. So ist zum Beispiel ein Rotationsmodell vorstellbar, bei dem die Mitarbeitenden in Gruppen aufgeteilt werden, die abwechselnd an bestimmten Tagen arbeiten. Auch eine Kombination aus Teilzeitarbeit und Vertretung ist denkbar, bei der einige Mitarbeitende in Teilzeit arbeiten, während andere als Vertretungskräfte eingestellt werden, um die freien Tage der Teilzeitmitarbeitenden abzudecken. Gerade bei langen Praxisöffnungszeiten könnten auch nur an vier Tagen die Woche arbeitende Arbeitnehmenden gut zehn Stunden täglich in der Praxis eingesetzt werden und so einen Schichtwechsel in der Mitte des Tages überflüssig werden lassen. Angebote zur Teilzeit mit vier 8-Stunden-Tagen und einem freien Tag könnten dem üblichen Vormittags-Teilzeit-Angebot entgegengestellt werden und so Personalengpässe am Nachmittag vermieden werden.

Rechtliche Anforderungen an New Work 4-Tage Woche

Bei der Ausgestaltung sämtlicher Modelle sind in erster Linie die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. So ist sind insbesondere vorgegebene Pausenzeiten wie auch das grundsätzliche Verbot, die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden zu überschreiten (§ 3 ArbZG). Unter bestimmten Voraussetzungen darf die Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden verlängert werden. Was letztlich vereinbart wird, muss schließlich arbeitsvertraglich geregelt und schriftlich fixiert werden. Hierbei sind dann auch die Regelungen des Nachweisgesetzes zu beachten.

Fazit zum New Work in der Arztpraxis

Unabhängig von der diskutierten 4-Tage-Woche kann eine flexible Arbeitszeitgestaltung nicht nur den Bedürfnissen der Mitarbeitenden entgegenkommen, sondern auch die personelle Auslastung der (zahn-)ärztlichen Praxis langfristig verbessern. Bei der rechtlichen Gestaltung stehen wir gerne beratend zur Seite.

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