3. September 2009

Wird eine Mitarbeiterin einer Tierarztklinik während der Behandlung eines Tieres verletzt, handelt es sich um einen Arbeitsunfall. Sie kann deshalb von ihrem Arbeitgeber kein Schmerzensgeld verlangen. Das hat das Hessische Landesarbeitsgericht entschieden. Einem Begehren auf Schmerzensgeld stehe § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII entgegen, der bei Arbeitsunfällen dem geschädigten Arbeitnehmer nur dann einen Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch unmittelbar gegen den Arbeitgeber zubillige, wenn dieser den Schaden vorsätzlich herbeigeführt habe (Urteil vom 14.07.2009, Az.: 13 Sa 2141/08).

Haftungsbeschränkungder Tierklinik

Grund dieser Haftungsbeschränkung sei, so das LAG, dass an die Stelle der privatrechtlichen Haftung bei Arbeitsunfällen die sozialversicherungsrechtliche Gesamthaftung der Berufsgenossenschaft trete. Dadurch stehe dem Geschädigten einerseits stets ein solventer Anspruchsverpflichteter zur Verfügung, andererseits würden Konfliktsituationen im Betrieb durch zivilrechtliche Haftungsfragen vermieden. Obwohl dadurch auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld ausgeschlossen sei und die gesetzliche Unfallversicherung dies nur teilweise kompensiere, sei diese zivilrechtliche Haftungsbeschränkung verfassungskonform.

Haftung für Verletzungen während der Arbeitszeit

Auch wenn anzuerkennen sei, dass sich die Mitarbeiterin in einer schwierigen persönlichen Situation befinde, sei nicht zu erkennen, dass der Arbeitgeber mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe, als er ihr die Anweisung gab, den widerspenstigen Kater zu fangen. Der Arbeitgeber habe zwar davon ausgehen müssen, dass es beim Fangen eines renitenten Tieres in einer Tierklinik durchaus zu Verletzungen kommen konnte. Er habe allerdings offenkundig nicht billigend in Kauf genommen, dass sich die Mitarbeiterin in derartiger Weise verletzen und einen solchen Schaden wie den tatsächlich eingetretenen davontragen würde. Ihm könne allenfalls bewusste Fahrlässigkeit vorgehalten werden, die vorliege, wenn der Handelnde darauf vertraue, dass der für möglich gehaltene Schaden gerade nicht eintreten werde. Bei fahrlässigem Handeln im Rahmen eines Arbeitsunfalls greife aber das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.

Damit schloss sich das Landesarbeitsgericht vollständig der Argumentation der Kanzlei Lyck+Pätzold. healthcare.recht an, die die beklagte Tierklinik in diesem Verfahren vertreten hat.

Die Tierklinik, war von ihrer Mitarbeiterin verklagt worden, die dort als Hilfstierpflegerin arbeitete. Sie wurde von einem Kater, der untersucht und kastriert werden sollte, in die linke Hand gebissen. Eine Infektion verkomplizierte den Heilungsprozess, so dass der Mitarbeiterin eine Prothese eines Fingermittelgelenks eingesetzt werden musste. Sie leidet noch heute erheblich unter den Folgen der Bissverletzung und verlangte von ihrem Arbeitgeber unter anderem die Zahlung von Schmerzensgeld. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hatte die Klage schon in erster Instanz abgewiesen.

 

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