15. Juni 2020

Bei einer Praxisübernahme kommt es zu einem Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 BGB. Hintergrund der Norm ist, dass der Gesetzgeber den drohenden Verlust von Arbeitsplätzen verhindern möchte. Als Rechtsfolge tritt der Praxiskäufer, als nunmehr neuer Inhaber, in die Rechte und Pflichten des Altarbeitgebers ein. Durch den Erwerb der Praxis wird der Altarbeitgeber daher durch den Käufer ersetzt und der Käufer tritt in die bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Er wird kraft Gesetzes Partei der alten Arbeitsverträge. Die Arbeitnehmer werden durch die Norm geschützt, da kein automatischer Verlust der Arbeitsplätze droht. Viele neue Praxisinhaber fragen sich in dem Zuge, ob sie das alte Personal zwingend übernehmen müssen, oder ob und zu welchem Zeitpunkt Kündigungen ausgesprochen werden dürften? Gibt es eine Kündigungssperre?

Kündigungssperre wegen des Betriebsübergangs

Mit dem Kauf Ihrer eigenen Praxis möchten Sie Ihr eigenes Praxiskonzept verwirklichen und Ihren den work flow aufbauen, der Ihren Erwartungen entspricht. Es kann daher nicht selten dazu kommen, dass der Praxiskäufer feststellt, dass dies mit dem vorhanden Personal nicht möglich ist. Möglicherweise weil die Chemie nicht stimmt, Sie mit der Art der Arbeitsweise von einzelnen Mitarbeitern unzufrieden sind oder die bestehende Praxis personell verkleinern möchten. Kurzum: Sie möchten sich von bestehendem Personal trennen. Dies ist nicht gänzlich unproblematisch, denn das Gesetz normiert, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Betriebsübergangs unwirksam ist, siehe § 613a Abs. 4 BGB.

Resultiert daraus die Unkündbarkeit?

Nein, dies betont die ständige Rechtsprechung und dies betont auch das Gesetz: so bleibt das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen, als wegen des Betriebsübergangs weiterhin zulässig. Unwirksam ist die Kündigung nur dann, wenn der Betriebsübergang der einzige bzw. der tragende Grund für die Kündigung ist. Altarbeitgeber und Praxiskäufer bleibt es unbenommen, z.B. auf Grund eines schlüssigen Konzepts eine entsprechende Kündigung aus betriebsbedingten Gründen zu erklären, sofern der Praxisübernehmer sich verkleinern möchte. Die daneben bestehenden sonstigen Kündigungsmöglichkeiten bleiben ebenso weiter bestehen, z.B. eine Kündigung aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen sowie die außerordentliche Kündigung. § 613a Abs. 4 BGB bietet folglich nur Kündigungsschutz, in denen die Kündigung einzig und allein mit dem Betriebsübergang begründet wird.

Aber: Veränderungssperre

Feststeht also, dass auch bei einem Betriebsübergang Kündigung zulässig sind, sofern sie nicht wegen des Betriebsübergangs ausgesprochen werden. Wichtig ist allerdings für Sie als neuen Arbeitgeber zu wissen, dass eine sog. Veränderungssperre gilt. Daraus folgt, dass die bestehenden Arbeitsbedingungen durch den neuen Arbeitgeber erst nach einem Jahr zum Nachteil der Arbeitnehmer verändert werden dürfen (vorbehaltlich von Tarifverträgen und/ oder Betriebsvereinbarungen).

Fazit

Die Praxisübernahme ist für den Praxiskäufer meistens eine einmalige Lebensentscheidung, die schon für sich genommen viele Aufregungen bereithält, sei es auf Grund der Standortsuche und den folgenden Finanzierungsverhandlungen. Ist dann die perfekte Praxis gefunden, gilt es das Arbeitsrecht ernst zu nehmen und für den Fall das Kündigungen vorgesehen sind, diese strategisch und mit dem Abgeber zu besprechen, unüberlegte Kündigungen haben aller Voraussicht im Kündigungsschutzprozess keinen Erfolg. Es gilt zunächst die Kündigungssperre.

Sie spielen mit dem Gedanken eine Praxis zu kaufen oder sind kürzlich in die Rechte und Pflichten bestehender Arbeitsverträge eingetreten? Sprechen Sie uns gerne an, welche Möglichkeiten und Optionen Ihnen nun durch das Arbeitsrecht zur Verfügung stehen und ob die bestehenden Arbeitsverträge der alten Rechtslage entsprechen und eine Aktualisierung erfahren sollten!

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