24. März 2020

In der aktuellen Corona-Krise erlebt man schon kuriose Dinge. Da gerieren sich plötzlich Steuerberater als Rechtsberater und gestalten Arbeitsverträge. Hinz und Kunz ist plötzlich Experte zum Arbeitsrecht und weiß genau, wie es geht, mit dem Kurzarbeitergeld.  

Manche Ratschläge, die dann auf unserem Tisch landen, stoßen einem allerdings schon arg sauer auf. Beispielsweise die Empfehlung eines Anwaltskollegen an eine kleinere Zahnarztpraxis jetzt möglichst schnell alle Mitarbeiterinnen zu kündigen. „Am besten so schnell wie möglich…“ war der dazugegebene Ratschlag. Der Kollege hatte es wohl gut gemeint und vermutlich zutreffend darauf hingewiesen, dass es offen sei, wie schnell nun Kurzarbeitergeld gewährt werden würde. Er wies zudem darauf hin, dass dies „Monate dauern“ könnte und kam dann dazu, dass es doch am Besten sei, möglichst schnell allen Mitarbeiterinnen die Kündigung auszusprechen.  

Tja, was sagt man dann zu so etwas? „Geht´s noch“ möchte man da manchmal spontan ausrufen. Vielleicht merkt man aber auch einfach nur an, dass es ganz hilfreich wäre, wenn juristischer Sachverstand, strategisches Denken, gesunder Menschenverstand und Empathie in irgendeiner Form ineinandergreifen. Am Schönsten wäre es, wenn dann noch etwas Branchenkenntnis dazu kommt.  

Hier kann ja der Ratschlag nicht isoliert auf rechtlicher Basis erfolgen. Wie wäre es denn, wenn man in der jetzigen Situation einmal mit seinen Mitarbeiterinnen das gemeinsame Gespräch und nach gemeinsamen Lösungen sucht? Kommunikation und Mitarbeiterführung sind jetzt mehr denn je gefragt. Hierzu kann ich das Arbeitsrecht proaktiv nutzen. Wer aber das eine vom anderen isoliert betrachtet, wird aktuell vielleicht nur die zweitbeste Entscheidung treffen. Und diese semioptimalen Entscheidungen führen dann zusätzlich zu extremer Verunsicherung auf allen Seiten.  

In dem oben beschriebenen Fall stellt sich doch jedem vernünftigem Berater unmittelbar die Frage: Und was ist nach der Corona-Krise?  

Wir dürfen ja jetzt nicht nur an die Corona-Krise denken, sondern als Unternehmer sind wir aufgerufen gerade jetzt sofort damit zu beginnen uns auf die Zeit „danach“ vorzubereiten.  

Aber nicht nur auf Seiten der Praxisinhaber erleben wir derzeit hektisches Agieren auf Basis fragwürdiger Ratschläge (so man überhaupt Rat eingeholt hat). Auch auf Seiten der Praxismitarbeiter kursieren zum Teil seltsame Diskussionen. Und egal wie diese Fragen im Einzelfall juristisch zu beantworten sind, möchte man diese Fragen oft gar nicht beantworten, weil es einen schaudert, dass offenbar mache glauben, alles aus ihrer Praxis herausholen zu müssen, was irgendwie geht. Und tatsächlich hört man sogar von Praxen, in denen Arbeitnehmer jetzt einfach nicht mehr zur Arbeit kommen wollen…  

Für uns steht fest, dass es so eben nicht geht! Unabhängig von jeder rechtlichen Bewertung ist in der jetzigen Zeit doch vor allem unsere gemeinsame Aufgabe, diese schwierige Zeit gemeinsam zu meistern. Und das fordert von allen Beteiligten Nachsicht und Entgegenkommen. Arbeitgeber sollten flexibel und fair sein, Arbeitnehmer ebenso. 

Über die Möglichkeiten Kurzarbeit durchzuführen haben wir auf diesem Blog bereits ausführlich berichtet. Frau Rechtsanwältin Unkelbach hat in unserer Kanzlei die Beratung aller unserer Mandanten zu diesem Thema übernommen und kann von jeder interessierten Praxis jederzeit hierzu kontaktiert werden.   

Der Vorteil von Kurzarbeit besteht darin, dass sofort nach der Corona-Krise die Arbeitszeit wieder erhöht oder zur regulären Arbeitszeit übergegangen werden kann. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen sofort wieder zur Verfügung und müssen nicht erst gesucht, eingestellt und eingearbeitet werden. Im Falle einer Kündigung haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zudem bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf das volle Arbeitsentgelt und zwar unabhängig davon, ob sie noch in Vollzeit beschäftigt werden können oder nicht. Kurzarbeit reduziert die Lohnkosten für das Unternehmen hingegen sofort. 

Die Durchführung von Kurzarbeiter will allerdings gut vorbereitet werden: Es ist z.B. unbedingt mit Mitarbeitern ohne Beschäftigungsverbot zu sprechen, die demnächst in Elternzeit gehen. Der Bezug von reduziertem Entgelt auf Grund von Kurzarbeit kann nämlich die Bemessungsgrundlage für das spätere Elterngeld vermindern. Es kann sich daher empfehlen, solche Mitarbeiter gezielt aus der Kurzarbeit herauszunehmen.

Viele Akteure verkennen zur Zeit, dass der Arbeitgeber mit der Auzahlung des Kurzarbeitergeldes nicht in Vorleistung treten muss. Dies kann er aus Wohlwollen vereinbaren, eine Rechtspflicht trifft ihn allerdings nicht.

Möglicherweise war das auch der Grund, warum im oben beschriebenen Fall sofort über eine Kündigung der Mitarbeiterinnen nachgedacht wurde. Doch auch wenn ich über Kündigungen nachdenken muss, bestehen zahlreiche Handlungsalternativen, die zu durchdenken sind.  

Gerade jetzt gilt es doch, sich als „good place to work“ zu positionieren und Mitarbeiter so gut es geht einzubinden und damit auch zu binden – trotz Corona-Krise. Denn die Krise wird vorbeigehen. Und darauf müssen wir uns jetzt wie gesagt vorbereiten. Mit der gleichen Kraft, mit der wir derzeit auch an der Krisenbewältigung arbeiten.  

Daher sollte man jetzt mit seinen Mitarbeitern über einvernehmliche Urlaubsregelungen sprechen, die auch dazu genutzt werden können, die Krise zu überrücken.  Praxisinhaber könnten ihren Arbeitnehmern zB. auch anbieten, dass es z.B. für 4 jetzt genommene Urlaubstage einen freiwilligen Urlaubstag „dazu“ gibt. Hier ist ein bisschen Flexibilität gefragt.  
 
Auch im rechtlichen Rahmen zulässiger Betriebsurlaub kann eine Lösung sein, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden. Aber wie gesagt: Ohne Planung, Strategie und Kommunikation wird das nichts.  

Fazit

Albert Einstein hat einmal gesagt:  

„Wenn ich eine Stunde habe, um ein Problem zu lösen, dann beschäftige ich mich 55 Minuten mit dem Problem und 5 Minuten mit der Lösung.“ 

Dieser Satz beschreib sehr schön, wie wir jetzt agieren sollten. Tatsächlich erleben wir aktuell aber leider oft das Gegenteil: Viele Praxisinhaber denken aktuell an Lösungen ohne das Problem wirklich verstanden zu haben. Wir bei Lyck+Pätzold verstehen unsere Beratungsaufgabe so, erst einmal zu verstehen und zu hinterfragen, worin denn tatsächlich das Problem besteht, und was die Ursachen des Problems sein könnten. 

Dabei halten wir uns natürlich nicht wörtlich am Zitat Albert Einsteins fest, denn das Verhältnis von 55 zu 5 dürfte nicht besonders praktikabel sein. Aber die Grundidee gefällt uns sehr, nämlich sich mit einem Problem zu beschäftigen, um es wirklich zu verstehen. Und dann kommen wir ins Handeln. Zielgerichtet und möglichst gewinnbringend für alle Beteiligten.  

Treffen Sie also keine übereilten Entscheidungen! Und schon gar nicht ohne Abklärung der rechtlichen Rahmenbedingungen!  

Bei allen Entscheidungen, die Sie jetzt treffen, sollten Sie immer auch die Zeit nach der Corona-Krise im Auge haben. Gerne unterstützen wir Sie hierbei und freuen uns auf Ihren Anruf. Gerade jetzt garantieren wir Ihren eine persönliche Beratung. Gerne auch per Video-Call.  

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