21. April 2011

Ein Apothekeninhaber aus Nordrhein- Westfalen hat nach 8 Jahren erfolglosem Kampf gegen eine Ordnungsverfügung nun das Bundesverwaltungsgericht angerufen!

Der Grund: Der Apotheker kam 2003 auf die Idee, ca. 150 nicht verschreibungs- aber apothekenpflichtige Arzneimittel auf den Verkaufstisch zu stellen, so dass die Kunden sich hierbei selbst bedienen konnten. Mit dieser Aktion habe er den Verkauf ordentlich ankurbeln können, so der Apotheker. Er setzt dabei, wie viele andere, Branchen auf das Rezept „Discount“ und sein Motto lautet: Selbstbedienen, Sparen und Sich Wohlfühlen“. Nur leider gab es bei dieser Idee einen Haken! OTC Produkte dürfen gemäß § 17 Absatz 3 ApoBetrO nicht in der Freiwahl angeboten werden. Dementsprechend schritt auch der Amtsapotheker ein und es wurde eine Ordnungsverfügung erlassen, die es dem Apothekeninhaber nun verbietet, diese Produkte dergestalt zum Verkauf anzubieten.

Der Apotheker wehrte sich zwar, allerdings erfolglos. Das OVG Nordrhein- Westfalen hat das Selbstbedienungsverbot für verfassungsgemäß erklärt und lehnte die Revision ab. Aufgrund

dessen legte der Apotheker nun Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein.

Dass mit einem Urteil zu seinen Gunsten auch die Apothekenpflicht für OTC Produkte gekippt werden könnte, sieht der Apotheker ebenso wie sein Rechtsanwalt nicht. Insbesondere bestätigte der Rechtsanwalt, dass sie keinesfalls vor hätten, die Apothekenpflicht aufzuheben.

Auch beim Freiverkauf sei die Möglichkeit der pharmazeutischen Beratung noch gegeben. Eine solche Beratung auf Abruf gebe es auch im Versandhandel. Würde man diese Grundsätze in der Apotheke nicht gelten lassen, würde die Zulassung der Versandapotheken gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Außerdem sei es nicht mehr zeitgemäß, das Selbstbedienungsverbot damit zu begründen, dass es sich bei Apotheken nicht um gewerbliche, wirtschaftlich geprägte Betriebe handele. Denn schließlich habe der Gesetzgeber durch die erlaubte Werbung und die Aufhebung der Preisbindung bei nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln den Wettbewerb gefördert. Die geschaffenen Kaufanreize würden mit dem Wettbewerbsverbot nun wieder konterkariert. Der Freiverkauf würde schließlich aufgrund des intensivieren Preiswettbewerbs auch zu einer mit dem GKV- Modernisierungsgesetz angestrebten Kostensenkung führen.

Fazit

Bei vorliegendem Fall geht es um eine grundlegende Entscheidung. Denn zutreffend hat der Rechtsanwalt des Apothekers argumentiert, dass im Rahmen des Verkaufs der OTC Produkte ein nicht unbeachtlicher Wettbewerb geschaffen wurde. Das OVG stütze die Verfassungsmäßigkeit des Selbstbedienungsverbotes im Großen und Ganzen auf die Notwendigkeit der Arzneimittelsicherheit und wies immer wieder darauf hin, dass das Leitbild des Apothekers noch gilt, auch wenn die Gesundheitsbranche einen erheblichen Wandel erlebt habe. Die Erwägungen des OVG im Rahmen der Vergleichbarkeit zum Versandhandel, erscheinen hingegen nicht so ganz nachvollziehbar. Es argumentierte, dass der Versandhandel eine Art Beratung auf Abruf besitze, sei dadurch gerechtfertigt, dass der Versandhandel typischerweise für den Bezug von Arzneimitteln genutzt werde, bei denen der Kunde keinen Beratungsbedarf sehe, weil ihm das Medikament bereits bekannt oder er nicht darauf angewiesen sei, es sofort verwenden zu müssen oder zu wollen. Dies sei bei einem Medikament, das vor Ort in der Apotheke erworben werde, anders, auch wenn es im Einzelfall dem Kunden schon vertraut sein mag. Denn der Erwerb eines Arzneimittels vor Ort deute regelmäßig darauf hin, dass es sich gerade nicht um häufiger angewendete Medikamente handele und das Medikament kurzfristig zum Einsatz kommen solle. Aufgrund der Arzneimittelsicherheit sei daher eine vorherige pharmazeutische Beratung unverzichtbar. Diese könne bei der Selbstbedienung allenfalls nach dem Erwerb erfolgen, was eine Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit ausschließe. Diese Ausführungen überzeugen nicht. Denn gerade der Wandel der Zeit und die damit einher gehende subjektive Unverzichtbarkeit des Internets sorgen dafür, dass viele Menschen Medikamente in der Onlineversandapotheke bestellen. Dass es sich hierbei dann nicht um eine außerordentliche Dringlichkeit handeln kann, liegt auf der Hand. Daraus jedoch zu folgern, dass es sich dann bei dem Erwerb in der Präsenzapotheke um eine solche Dringlichkeit handeln muss, geht völlig fehl. Dies könnte allenfalls bei dem Erwerb außerhalb der üblichen Öffnungszeiten gefolgert werden. Darüber hinaus ist jedoch viel unverständlicher, weshalb die pharmazeutische Beratung nicht hinreichend gewährleitet sei, wenn das Medikament im Rahmen der Selbstbedienung verkauft wird. Denn auch hier kann die Beratung spätestens bei der Bezahlung erfolgen bzw. bevor das pharmazeutische Personal kassiert. Ob diese Beratung nun erfolgt, während der Kunde das Medikament schon in seiner Hand hält oder bereits zuvor, kann kaum eine Rolle spielen. Insbesondere ist dies vor dem Hintergrund zu beachten, dass auch bei derzeitigem Selbstbedienungsverbot in den Apotheken ohne ausdrückliche Nachfrage bei dem Verkauf von OTC Produkten regelmäßig keine Aufklärung erfolgt. Sofern der Kunde daher eine solche wünscht, wird er dies auch äußern, unabhängig davon, ob das Medikament frei verfügbar auf dem Verkaufstisch oder im Regal dahinter steht.

Ob es sich bei dem Vorhaben des Apothekers, insbesondere in Bezug auf die möglicherweise gefährdete Apothekenpflicht, um ein unterstützenswertes Vorhaben handelt, mag dahin gestellt sein. Jedoch kann die Argumentation des OVG hinsichtlich des Versandhandels so nicht überzeugen.

Es bleibt daher abzuwarten, ob die Nichtzulassungsbeschwerde zunächst Erfolg haben wird.

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