4. März 2011

Gerade von kleineren Krankenhäusern werden niedergelassene Fachärzte häufiger zur Durchführung von ärztlichen Leistungen, wie beispielsweise radiologischen Untersuchungen, hinzugezogen, zu deren Erbringung das Krankenhaus mangels entsprechender personeller und/oder apparativer Ausstattung selbst nicht in der Lage ist. Wenn es dann um die Abrechnung geht, stellt sich stets die Frage, wem gegenüber der externe Arzt seine Kosten nun tatsächlich abrechnen soll. Muss er sich an das ihn beauftragende Krankenhaus halten oder darf er sich direkt an die Patienten wenden?Mit Urteil vom 04.11.2010 (Az.: III ZR 323/09) hat der Bundesgerichtshof nunmehr Klarheit geschaffen. Bei der Hinzuziehung eines externen niedergelassenen Arztes durch einen liquidationsberechtigten Arzt des Krankenhauses kann der externe Arzt direkt von dem Patienten die ihm zustehenden Auslagen für aufgewendete Sachkosten ersetzt verlangen. Hintergrund des Ganzen ist der Umstand, dass bei stationären privatärztlichen Leistungen zum Schutz des Patienten doppelte Kostenberechnungen an sich vermieden werden sollen. Dennoch wurde zu Gunsten der niedergelassenen Ärzte entschieden. In ähnlicher Weise hatte der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 1998 für Belegärzte entschieden.

Der im jüngst entschiedenen Fall betroffene Patient befand sich wegen verschiedener Eingriffe bei bekanntem Diabetes mellitus im Krankenhaus. Mit dem Krankenhaus hatte er eine private, persönliche Beratung und Behandlung durch die liquidationsberechtigten Wahlärzte des Krankenhauses vereinbart. Auf Veranlassung der Wahlärzte wurde in einer Gemeinschaftspraxis für Röntgenologie und Nuklearmedizin eine entsprechende Angiographie mit anschließender Dilatation der Arterien durchgeführt. Die Verrechnungsstelle, an welche die Gemeinschaftspraxis ihre Ansprüche abgetreten hatte, stellte die erbrachten Leistungen dem Patienten in Rechnung. Darunter befanden sich auch die der Gemeinschaftspraxis entstandenen Sachkosten. Der Patient weigerte sich, diesen Rechnungsposten zu übernehmen.

Dreh- und Angelpunkt der Entscheidung ist § 10 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und die Frage seiner Anwendbarkeit.

Wenn einem liquidationsberechtigten Krankenhausarzt die betreffenden Materialien vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden, kommt eine Anwendung von § 10 GOÄ nicht in Betracht. Vielmehr gelten hier die Regelungen des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) bzw. der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (BPflV). Das Krankenhaus ist danach nicht berechtigt, dem Patienten die Sachkosten in Rechnung zu stellen. Diese Regelungen dürfen auch nicht über die zur Liquidation berechtigten Ärzte umgangen werden, etwa dergestalt, dass diese die betreffenden Sachkosten gegenüber dem Patienten fordern.

Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Konstellation, wenn externe Ärzte im Einzelfall zu Leistungen herangezogen werden, die das Krankenhaus selbst nicht erbringen kann. Hier ist eine Abrechnung nach § 10 GOÄ im Gegensatz möglich. Dabei ist danach zu differenzieren, auf wessen Veranlassung der externe Arzt tätig geworden ist. Wird er auf Veranlassung des Krankenhauses tätig, sind seine Leistungen den allgemeinen Krankenhausleistungen zuzuordnen. Diese werden dann mit dem Krankenhausentgelt abgegolten. Bei einer Hinzuziehung von Seiten eines liquidationsberechtigten Arztes des Krankenhauses sind die erbrachten Leistungen nicht als allgemeine Krankenhausleistungen anzusehen, so dass sie nach § 10 GOÄ abgerechnet werden können.

Das Gericht wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der betroffene externe Arzt sonst auf einen Anspruch gegen das Krankenhaus verwiesen werden müsste, für den es jedoch überhaupt keine Rechtsgrundlage gibt.

Fazit:

Dieses Urteil bedeutet für die Ärzteschaft eine Rechtssicherheit. Da der Gesetzgeber nicht alle denkbaren Sachverhaltskonstellationen in seine Erwägungen mit einbezieht, werden die Ärzte häufig im Dunkeln gelassen, unter welchen Voraussetzungen sie welche Leistungen und von wem abrechnen können. Meist wird dann die Inanspruchnahme von Rechtsrat erforderlich – häufig wird eine Klärung auch erst in einem gerichtlichen Verfahren erzielt.

Das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs trägt jedenfalls zu dem Wissen bei, dass eine gerichtliche Klärung auch manchmal zu Gunsten des Arztes ausfallen kann. Nicht immer geht die Entscheidung für den Arzt positiv aus. Dennoch sollte, wie das vorliegende Urteil zeigt, nichts unversucht gelassen werden.

Autorin: Rechtsanwältin Susanne Schuster, LL.M.

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