5. Mai 2017

Häufig enthalten Gesellschaftsverträge von (zahn)ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften Regelungen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Ob diese aber wirksam sind, lässt sich von den Beteiligten hingegen meist kaum beantworten. Zwar ist die Zulässigkeit eines Wettbewerbsverbotes heute durch die Rechtsprechung anerkannt. Jedoch darf die Vereinbarung inhaltlich nicht dazu führen, dass die Regelung einem Berufsverbot gleichsteht. Was genau ist also zu beachten? Hierüber gibt der nachfolgende Beitrag einen kurzen Überblick.

Was ist bei der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes zu beachten?

Zunächst ist zu beachten, dass die Rechtsprechung die Grenzen für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Gesellschaftsvertrag einer Berufsausübungsgemeinschaft in den vergangenen Jahren immer enger gesteckt hat.

Die Wettbewerbsklausel ist danach zeitlich und räumlich einzuschränken.

Räumliche Grenze

In räumlicher Hinsicht wird die Regelung in städtischen Gebieten allenfalls einige Kilometer betragen können, während sie in ländlichen Gebieten weiträumiger ausgelegt sein kann.

Die räumliche Grenze exakt zu bemessen und diese innerhalb des von der Rechtsprechung akzeptierten Rahmens zu halten, ist auch deshalb von immenser Bedeutung, weil dieser örtliche Umfang der Verbotsklausel nicht im Nachhinein korrigiert werden kann. Ist die räumliche Grenze zu weit gewählt worden, führt dies zur Gesamtnichtigkeit eines Wettbewerbsverbotes.

Zeitliche Grenze

In zeitlicher Hinsicht ist ein zulässiges Maximum von zwei Jahren zu beachten.

Ist im Gesellschaftsvertrag eine längere Dauer des Wettbewerbsverbotes vereinbart worden und ist dies der einzige Mangel der Vereinbarung, kann eine geltungserhaltende Reduktion auf zwei Jahre erfolgen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.09.2003, Az. II ZR 29/02).

Sachliche Grenze

Überdies muss die Wettbewerbsklausel sachlich gerechtfertigt sein. Gehört beispielsweise ein nicht am Kapital beteiligter Gesellschafter nur kurze Zeit zur Gesellschaft, so besteht ein relativ geringes Schutzinteresse. Auch ist eine unterschiedliche Schwerpunkttätigkeit innerhalb eines Fachgebietes zu beachten. Eine solche kann ebenfalls das Schutzinteresse einschränken.

Zwar schützt die Rechtsprechung den Besitzstand des zurückbleibenden (Zahn)Arztes. Gleichzeitig will sie aber auch nicht den Aufbau einer neuen Praxis durch den Junior-Partner behindern. Je einschneidender das Wettbewerbsverbot ist, desto mehr muss als Kombination an eine Abfindungsregelung im Vertrag gedacht werden. Einige Gerichte vertreten insoweit die Auffassung, dass der ausscheidende (Zahn)Arzt für die Einschränkung seiner beruflichen Tätigkeitsmöglichkeiten durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das in einem Gesellschaftsvertrag einer Gemeinschaftspraxis enthalten ist, finanziell entschädigt werden muss (analog dem Handelsvertreter nach § 74 Abs. 2 HGB, Oberlandesgericht Stuttgart, OLGR 1998, 275). Problematisch ist nämlich der Fall, in dem der ausscheidende Gesellschafter keine Abfindung für den Patientenstamm erhält, gleichwohl aber ein Wettbewerbsverbot einzuhalten hat. Dies führt gegebenenfalls zur Unwirksamkeit der Wettbewerbsklausel.

Bedenklich ist ebenso eine Regelung, welche die Weiterbehandlung der bisherigen Patienten durch den ausscheidenden Gesellschafter untersagt. Ein (Zahn)Arzt kann die ihn aufsuchenden Patienten nicht abweisen, da er nach vertrags(zahn)ärztlichen Regelungen zur Behandlung verpflichtet ist.

Geltungserhaltende Reduktion

Nach ständiger Rechtsprechung wird eine geltungserhaltende Reduktion nur dann angenommen, wenn eine Wettbewerbsklausel im Praxisvertrag ausschließlich die zulässigen zeitlichen Grenzen überschreitet. Bei Verstoß gegen die räumlichen und gegenständlichen Grenzen ist eine geltungserhaltende Reduktion hingegen nicht möglich, so dass das Wettbewerbsverbot im Praxisvertrag in diesem Fall insgesamt nichtig ist.

Aber auch, wenn das Wettbewerbsverbot unwirksam ist, sollte der ausgeschiedene Partner beachten, dass sich eine Tätigkeit in direktem Wettbewerb zu der bisherigen Praxis auf seinen Abfindungsanspruch auswirken kann.

Vertragsstrafe zur Absicherung des Wettbewerbsverbots

Wird zur Absicherung des Wettbewerbsverbots eine Vertragsstrafe festgelegt, bestehen hiergegen keine berufsrechtlichen Bedenken.

Kein Anspruch auf Goodwill-Zahlung

Für den Fall, dass sich der ausscheidende Gesellschafter aus einer Berufsausübungsgemeinschaft im Einzugsbereich der bisherigen Praxis neu niederlässt oder eine Praxis übernimmt, erhält dieser keine Goodwill-Zahlung. Das Oberlandesgericht Celle (Az. 9 U 310/06) geht davon aus, dass ein ausscheidender (Zahn)Arzt in seiner neuen Praxis seine Patienten weiterbehandeln wird und deshalb ein Anspruch auf Zahlung des Goodwills nicht bestehen kann. So sieht es auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 07.10.2010 (Az. 3 U 50/09).

Nach der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur reicht insoweit bereits die rechtlich nicht beschränkte Möglichkeit der Mitnahme von Patienten aus, um den Abfindungsanspruch als erfüllt anzusehen (so z.B. Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.1993, Az. II ZR 242/92; Oberlandesgericht Celle in MedR 03, 102; Oberlandesgericht Karlsruhe in NZG 01, 654). Es kommt danach also nicht darauf an, ob und in welchem Umfang sich diese Möglichkeit tatsächlich verwirklicht hat.

Fazit

Unsere Erfahrung zeigt, dass je älter der Gesellschaftsvertrag der Berufsausübungsgemeinschaft ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot darin nicht rechtsprechungskonform geregelt ist. Die Folge ist, dass sich der ausscheidende Praxispartner überall, also auch in unmittelbarer Nähe zu der bisherigen Gemeinschaftspraxis, niederlassen kann. Es macht daher Sinn, die im bestehenden Gesellschaftsvertrag vereinbarte Wettbewerbsklausel auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen, um im Fall der Fälle nicht die nachteiligen – insbesondere wirtschaftlichen – Folgen eines unwirksamen Wettbewerbsverbotes tragen zu müssen.

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