21. März 2011

Der Wert einer (Zahn-)Arztpraxis wird für jeden niedergelassenen (Zahn-)Arzt an einem bestimmten Punkt eine entscheidende Rolle spielen; nämlich spätestens, wenn er seine Praxis abgeben möchte. Dementsprechend kommt dem Verfahren zur Berechnung dieses Wertes eine ebenso entscheidende Rolle zu.

Die verschiedenen Bewertungsverfahren für Unternehmen sind nicht alle auf eine (Zahn-) Arztpraxis anwendbar. Gemeinsam ist allen Verfahren zur Bewertung einer Praxis, dass dieser Wert sich aus einem materiellen und einem immateriellen Wert zusammen setzt. Problematisch ist seit jeher die Berechnung des immateriellen Wertes.

Die Bundesärztekammer hatte bis 2009 regelmäßig eine Methode empfohlen, die auf umsatzorientierten Multiplikatoren beruht (Ärztekammermethode). Nach viel Kritik wurden von der BÄK und der KBV neue Empfehlungen veröffentlicht, welche auf dem Ertragswert der Praxis beruhen. Der maßgebliche Unterschied ist, dass die umsatzorientierte Methode auf die in der Vergangenheit erzielten wirtschaftlichen Ergebnisse abstellt und die „neue“ ertragsorientierte Methode ihre Analyse in die Zukunft richtet. Die Rede ist von dem klassischen Ertragswertverfahren. Diesem ist auch die Rechtsprechung gefolgt (BGH, Urt. v. 06.02.2008, AZ XII ZR 45/06).

Allerdings fragt sich heute, ob diese Methode noch anwendbar ist bzw. ob die Anwendung noch sachgerecht ist. Denn ein wichtiger Faktor, der die (Zahn-)Arztpraxis von anderen Unternehmen unterscheidet, ist die Personengebundenheit. Der immaterielle Wert einer jeden Praxis hängt entscheidend von diesem Faktor ab.

Am anschaulichsten zeigt dies das Beispiel einer weiblichen Gynäkologin in einer Kleinstadt, die einen Vertreter gefunden hat, um in den Ruhestand zu gehen. Es handelt sich hierbei um eine sensible Angelegenheit, bei welcher nicht absehbar ist, ob der Patientenstamm als Faktor des immateriellen Wertes dergestalt beibehalten werden kann. Die Personengebundenheit ist daher im Rahmen der bisherigen und zukünftigen Ertragsaussichten zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist ein ebenso entscheidender Faktor der Standort der Praxis. Hier spiegelt sich auch das derzeit aktuelle Problem des Ärztemangels auf dem Land wieder und der hierzu gegensätzlichen Ballungsgebiete, der Großstädte.

Um solche Faktoren im Einzelfall zu berücksichtigen, hat das OLG Hamm in seinem Urteil vom 15.01.2009 (AZ 1 UF 119/07) auf der Basis eines Gutachtens eines Sachverständigen das modifizierte Ertragswertverfahren in Abweichung zu dem klassischen Bewertungsverfahren der Ärztekammer als sachgerecht zu Grunde gelegt.

Bei diesem Verfahren beeinflussen die vorbenannten Faktoren den Ergebniszeitraum (Prognosezeitraum) maßgeblich. Dieser ist nach Verhältnissen des Einzelfalls zu berechnen und lässt dabei die praxisindividuellen sowie auch die praxisexternen Faktoren mit einfließen. In dem modifizierten Verfahren wird er begrenzt, so dass der Tatsache der freiberuflichen Tätigkeit ausreichend Rechnung getragen wird. Vergangenheitswerte sind hierbei nicht mehr entscheidend. Das Gericht stützte sich in seiner Begründung auf die Aussagen des Sachverständigen und stellte fest, dass diese Methode nachvollziehbar, widerspruchsfrei, angemessen und somit geeignet sei.

Praxistipp

Immer noch gibt es unterschiedliche Methoden zur Berechnung des Praxiswertes. Es ist nicht geregelt, welches davon für die Praxiswertermittlung heran zu ziehen ist. Jedes kann für sich in Anspruch nehmen, den tatsächlichen Wert zu ermitteln. Dementsprechend sollte für den Fall der Erforderlichkeit einer Berechnung (Praxisabgabe, Zugewinnausgleich, etc.) von einem Spezialisten genau erläutert werden, wo die Vor- und Nachteile eines jeden Berechnungsverfahrens liegen. Im Zweifelsfall wird das Gericht über die Geeignetheit des Verfahrens entscheiden.

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