19. Oktober 2015

Interview mit Jens Törper, Vorstand der Health AG, und Medizinanwalt Jens Pätzold von der Kanzlei Lyck & Pätzold. healthcare.recht, über Chancen und Risiken bei der Gründung eines zahnärztlichen MVZ (kurz: Z-MVZ) – erschienen in der DZW am 14.10.2015

Herr Törper, Herr Pätzold, Sie haben in den vergangenen Monaten fünf Informationsveranstaltungen zur Gründung von Z-MVZ ausgerichtet. Auf welche Resonanz ist das Thema gestoßen?

Jens Törper:  Ehrlich gesagt, waren wir überrascht, nein überwältigt von der Resonanz. Insgesamt sprechen wir über mehrere Hundert Zahnärzte, deutlich mehr als erwartet. Und die Reaktionen waren durchweg sehr positiv. „Spannendes Thema.“ „Sehr informativ.“ „Da ist Musik drin.“ Das waren nur einige der Kommentare, die ich von Teilnehmern in den vielen persönlichen Gesprächen gehört habe.

Jens Pätzold: Diesen Eindruck und die Einschätzung teile ich voll und ganz. Das Interesse, mehr über die Entwicklungschancen zu erfahren, die sich durch ein Z-MVZ bieten, ist riesengroß. Es zeigten sich auch die ganz unterschiedlichen Motivationen für eine Gründung – aus einer Einzelpraxis heraus, als Strategie für eine Nachfolge oder als Umwandlung einer bestehenden Praxisgemeinschaft. Allerdings wurde auch deutlich, dass in der Dentalbranche noch ein hoher Informationsbedarf besteht.

Welche Möglichkeiten eröffnen sich Zahnärzten durch die Gründung eines Z-MVZ?

Jens Törper: Zahnärzte erhalten weitreichende Wachstumschancen. Die bisherige Gesetzgebung zog für sie enge Grenzen in Bezug auf die Weiterentwicklung ihrer Praxen. Dies ändert sich nun. Und passt in die Zeit. Denn wir beobachten seit einigen Jahren fünf große Trends: den hohen Kostendruck, die sogenannte Generation Y mit ihren anderen Ansprüchen an Berufs- und Lebensgestaltung, die wachsende Zahl von Zahnärztinnen, die Tendenz zu größeren Praxen und steigende Patientenansprüche. Hier bietet ein Z-MVZ viele Entwicklungsmöglichkeiten.

Jens Pätzold: Dies betrifft unter anderem die gesellschaftsrechtlichen Aspekte. So erlaubt etwa die Umwandlung einer bestehenden Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft in eine GmbH einen Ausschluss zahlreicher Haftungsgefahren. Das ist ein großer Fortschritt gegenüber den manchmal abenteuerlichen Verträgen, die heute gang und gäbe sind und durchaus existenzbedrohend sein können.

Welche Themen beschäftigen die Kollegen?

Jens Pätzold: „Können Einzelpersonen ein Z-MVZ betreiben?“, „Wie viele Assistenzärzte dürfen in einem Z-MVZ beschäftigt werden?“, „Wie verhält es sich dann mit den Budgets?“ Das sind drei von vielen rechtlichen Fragen. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir sie bejahen bis auf die Zahl der Budgets. Hierzu gibt es bei den Kassenärztlichen Vereinigungen noch unterschiedliche Auffassungen.“

Jens Törper: Viele Teilnehmer wollen auch mehr über betriebswirtschaftliche und organisatorische Aspekte erfahren. Größere Praxiseinheiten erfordern im Vergleich mit Einzelpraxen beispielsweise eine ausgeprägte kaufmännische Herangehensweise. Eine normale BWA reicht da nicht mehr aus. Hier kann die Health AG mit ihrer langjährigen Expertise unterstützen, etwa bei der Beurteilung der Bilanz oder der Sicherstellung ausreichender Liquidität.

Sie zeichnen die Z-MVZ-Gründung in rosigen Farben. Wo sehen Sie mögliche Hindernisse?

Jens Törper: Ich möchte von Herausforderungen sprechen. Doch die Zahnärzte haben sich innerhalb der Ärzteschaft schon immer als Unternehmer gesehen. Entsprechend gehen die Wachstumsorientierten unter ihnen auch an dieses Thema heran. Worauf man aber hinweisen sollte, sind die neuen Konkurrenten, die am Horizont auftauchen können. Wir wissen, dass Investoren und Kommunen sich stark für das Thema Z-MVZ interessieren.

Jens Pätzold: Die Finanzinvestoren zögern noch, weil ihre hohen Renditeerwartungen nicht erfüllt werden. Im Gegensatz dazu sind kommunale Träger ein nicht zu unterschätzender Konkurrent. Daraus könnten sich durchaus Wettbewerbsverzerrungen ergeben, weil kommunale Betreiber nicht unbedingt die gleichen Renditeerwartungen wie Investoren haben.

Lohnt sich eine Gründung, oder raten Sie ab?

Jens Pätzold: Vielen Teilnehmern wurde bewusst, was schief laufen kann. Dennoch sollte die Herausforderung niemand schrecken: Das MVZ bietet die Möglichkeit für saubere unternehmerische Strukturen und damit überwiegen in den allermeisten Fällen die Chancen die Risiken bei weitem.

Jens Törper: Wir sehen drei Gruppen, die vom neuen Gesetz profitieren: wachstumsorientierte Einzelpraxen, ältere Zahnärzte, die ihre Praxis verkaufen wollen oder wo die nächste Generation oder ein jüngerer Kollege für die Nachfolge bereit steht, und Umwandler, die eine bestehende Praxisgemeinschaft oder Gemeinschaftspraxis auf ein betriebswirtschaftlich und rechtlich besseres Fundament stellen wollen.

FAKTEN

Wachstumstreiber
10 Gründe, die für ein Z-MVZ sprechen

  • Potenzial Die Zahl angestellter Zahnärzte und Fortbildungsassistenten ist nicht mehr begrenzt
  • Befreiung Die Rechtsform der GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) schränkt das Haftungsrisiko ein
  • Sicherheit Übliche komplizierte Rechtskonstruktionen für Großpraxen entfallen, stattdessen sind rechtssichere Verträge möglich
  • Risikominimierung Investitionen und Behandlungsformen gemeinsam planen und durchführen
  • Synergien Kosteneinsparungen (z.B. Personal, Gerätepark) realisieren und starke Verhandlungsposition im Einkauf nutzen
  • Patienten Viele oder alle zahnmedizinischen Fachrichtungen an einem Standort möglich
  • Steuern GmbH-Rechtsform eröffnet viele Gestaltungsmöglichkeiten
  • Ruhestand Praxisgeber müssen nicht verkaufen, sondern können weiterhin beteiligt bleiben
  • Nachfolge Entwicklungsmöglichkeiten für die nächste Generation
  • Attraktivität Flexible Arbeitszeitmodelle sind möglich und treffen auf Bedarf (Frauen, Generation Y)

FAKTEN

Aufgrund der großen Nachfrage und für weitergehende Fragen bietet die Health AG weitere Informationsveranstaltungen und weiterführende Fortbildungen an. Diese Seminare zum Thema „Strategischer Aufbau eines zahnärztlichen MVZ“ finden im Rahmen des Trainingsprogramms upgrade hoch3 in Hamburg (15./16. Januar 2016) und Frankfurt (26./27. Februar 2016) statt. Weitere Seminare folgen und werden ausgeschrieben auf www.upgrade-hoch3.de.

Kategorien
Newsletter
Wollen Sie unter den Ersten sein, die über aktuelle Entwicklungen im Gesundheitsrecht und der Gesundheitspolitik informiert werden?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.