5. Juni 2009

Heutzutage bedarf es eines ausgeklügelten Praxiskonzepts und überzeugender Strategien, um Patienten zu gewinnen und langfristig an die eigene Praxis zu binden. Eine Zahnarztpraxis ist mehr Dienstleistungsunternehmen denn je. Sie lebt von zufriedenen Patienten und deren Weiterempfehlungen. Damit es dazu kommt, muss der Zahnarzt im berufsrechtlich zulässigen Rahmen Marketing betreiben und das Image seiner Praxis fördern.

Grundlage der Dienstleistungspalette bleibt natürlich die optimale zahnmedizinische Versorgung. Allerdings können neben den modernsten anerkannten Behandlungsmethoden zur Erfüllung der Wünsche der Patienten auch ästhetische und kosmetische Lösungen berücksichtigt werden. War Zahnschmuck vor zehn Jahren noch schlichtweg undenkbar, gehört er heute beinahe zum Standardangebot der modernen Zahnarztpraxis.

So hört die Betreuung des Patienten auch nicht mehr mit der Empfehlung drei Mal täglich die Zähne zu putzen an der Praxistür auf. Beispielsweise Prophylaxebehandlungen, die zum Standardangebot einer Zahnarztpraxis gehören sollten, bieten einigen Raum für weitere Zahnpflegeempfehlungen /-maßnahmen.

Einrichtung eines Praxis-Shops

Es erscheint daher nur logisch, wenn der Zahnarzt die Chance wahrnimmt, seinem Patienten ausgewählte Produkte für die häusliche Anwendung nicht nur empfehlen, sondern in einem Praxis-Shop gleich anbieten zu können. Das steigert im Zweifel nicht nur sein Einkommen, sondern führt zu einem häufigeren Patientenkontakt und zu einer hohen Patientenbindung, so lange sich dieser gut beraten fühlt. Insoweit gilt es das Sortiment sorgfältig auszuwählen. Führt der Praxis-Shop ausschließlich Produkte, die in der nächsten Drogerie meistens auch noch preiswerter erhältlich sind, wird dies kaum für mehr Zufriedenheit beim Patienten sorgen. Im Gegenteil, er wird sich übervorteilt fühlen und schlimmstenfalls die Zahnarztpraxis wechseln.

Ein sorgfältig auf das Behandlungsspektrum der Zahnarztpraxis abgestimmtes Sortiment gepaart mit der individuellen Beratung durch den Zahnarzt, kann das Vertrauen des Patienten in die Praxis stärken und nebenbei den Umsatz des Zahnarztes steigern.

Standes- /Berufsrechtliche Erwägungen

Grundsätzlich bestehen gegen die entgeltliche Abgabe von Mundhygienehilfsmittel – neben der Tätigkeit als Zahnarzt – keine berufsrechtlichen Bedenken, solange das Hauptaugenmerk weiterhin auf der Gesundheit und dem Wohlbefinden des Patienten und nicht auf den wirtschaftlichen Interessen des Zahnarztes liegt.

Möchte der Zahnarzt selbst Inhaber oder ärztlicher Leiter des Praxis-Shops sein, muss er seine Nebentätigkeit auf 13 Wochenstunden beschränken, sofern er Kassenzahnarzt ist. Dies folgt aus der Zulassungsvoraussetzungsverordnung, die verlangt, dass der Vertragszahnarzt den Versicherten in ausreichendem Maß zur Verfügung steht. Gelegentlich bietet es sich deshalb an, dem Ehepartner diese Position zu überlassen.

Sofern der Praxis-Shop so ausgerichtet ist, dass auch „Laufkundschaft“ zum potentiellen Kundenkreis gehört, muss der Zahnarzt dafür Sorge tragen, dass keinerlei Berührungspunkte zu seinen Praxispatienten bestehen. Der Verschluss sämtlicher Patientendaten versteht sich von selbst. Darüber hinaus dürfen sie aber auch nicht den neugierigen Blicken der Nicht-Patienten ausgesetzt werden.

Werberecht

Die Zahnarztpraxis kann sachlich und in angemessener Weise auf den eingerichteten Praxis-Shop hinweisen. Eine plausible Gelegenheit ist beispielsweise die Empfehlung eines bestimmten Produktes während der Behandlung zur Ergänzung der eingeschlagenen Behandlungsmethode. Regelmäßig dürfte der Patient einer solchen Empfehlung auch zugänglich sein.

Auch der Praxis-Shop darf auf die Zahnarztpraxis und ihr Leistungsspektrum ausschließlich sachlich hinweisen. Im Übrigen kann er sich aber aller Werbemöglichkeiten bedienen, die auch anderen Geschäften zur Verfügung stehen.

Soll das Sortiment des Praxis-Shops auch Heilmittel umfassen, sind unbedingt die Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) zu beachten. Verboten ist hiernach u.a. die irreführende Werbung mit nicht erwiesener therapeutischer Wirkung, mit nicht von fachlich oder wissenschaftlich qualifizierten Personen erstellten Gutachten, unkonkrete Bezugnahmen auf Veröffentlichungen.

Daneben gelten wie für jeden Gewerbetrieb die Vorschriften über den unlauteren Wettbewerb (UWG). Irreführende oder marktschreierische Werbung ist ebenfalls verboten.

Die Trennung des Unternehmens „Praxis-Shop“ von der Zahnarztpraxis

Nicht nur aus standesrechtlichen sondern auch aus steuerlichen Gesichtspunkten empfiehlt sich letztlich die rechtliche und organisatorische Trennung des Unternehmens Praxis-Shop von der eigentlichen Zahnarztpraxis.

Dies erfordert die Gründung eines separaten Unternehmens, welches organisatorisch, wirtschaftlich und finanziell unabhängig von der Zahnarztpraxis gestellt sein muss. Zwischen den Mitarbeitern der Zahnarztpraxis und denen des Praxis-Shops ist unbedingt zu trennen, das Personal ist getrennt zu führen.

Das „Ausleihen“ von Mitarbeitern bei Personalmangel oder sonstigen Vertretungsanlässen kann einen Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) darstellen.

Ferner sind getrennte Konten und Kassen sowie eine eigene Buchhaltung ebenso unerlässlich wie getrennte Betriebsvermögen.

In organisatorischer Hinsicht empfiehlt sich die räumliche Trennung im Hinblick auf den oben erwähnten Schutz der Patientenrechte, sowie eine separate Bevorratung. Das bedeutet für den Alltag, dass von Mitarbeitern der Zahnarztpraxis aus dem Praxis-Shop entnommene Produkte – gleich welcher Art – entweder bezahlt oder umgehend zurückgeführt werden müssen. Jedwede Vermischung sollte vermieden werden.

Die Gewerbesteuer

Eine Vermischung der Tätigkeit des Zahnarztes in Praxis und Praxis-Shop kann dazu führen, dass seine – grundsätzlich gewerbesteuerfreien – zahnärztlichen Einkünfte ebenfalls der Gewerbesteuerpflicht unterfallen. Dies wäre jedenfalls dann der Fall, wenn der Praxis-Shop faktisch ein Teil der Zahnarztpraxis ist und die gewerblichen Einnahmen die Grenze von 1,25% des Gesamtumsatzes übersteigen.

Nur im Falle einer rechtlichen und tatsächlichen (organisatorischen) Trennung von Zahnarztpraxis und Praxis-Shop, bleibt es ausschließlich bei der Gewerbesteuerpflicht für den Praxis-Shop.

Die Umsatzsteuer

Der Praxis-Shop ist natürlich auch umsatzsteuerpflichtig, schließlich ist der Warenverkauf keine von der Umsatzsteuer befreite zahnärztliche Tätigkeit. Das Umsatzsteuergesetz sieht jedoch eine Besonderheit für Kleinunternehmer vor. Hiernach besteht keine Umsatzsteuerpflicht, solange der Umsatz im vergangenen Jahr maximal bei EUR 17.500 lag und die Erwartungen für das folgende Kalenderjahr EUR 50.000 nicht überschreiten. Ist der Zahnarzt auch Inhaber des Praxis-Shops kommt die Regelung häufig allerdings nicht zum Tragen, da der Unternehmer im Umsatzsteuerrecht als Ganzes betrachtet wird und sämtliche seiner steuerpflichtigen Einkünfte für die Bewertung herangezogen werden. Hierdurch werden die Grenzen der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze schnell überschritten. Regelmäßig gibt der Zahnarzt seine Umsatzsteuererklärung aber auch freiwillig ab.

Fazit:

Ein Praxis-Shop kann ein hervorragendes Instrument zur Patientenbindung und Kundenpflege sein, sofern das Sortiment der individuellen Behandlungsmethoden der Praxis Rechnung trägt und eine ansprechende Gestaltung sowie dezente Vermarktung erfolgt. Beim Patienten/Kunden muss allerdings das Gefühl vorherrschen, seine Zahngesundheit steht sowohl für die Zahnarztpraxis als auch für den Praxis-Shop an erster Stelle. Es empfiehlt sich daher immer eine strikte Trennung der beiden „Unternehmen“ Zahnarztpraxis und Praxis-Shop.

Die rechtlichen und steuerlichen Besonderheiten, die es bei der Einrichtung bzw. Gründung eines Praxis-Shops zu berücksichtigen gilt, sollten niemanden von diesem Projekt abhalten. Denn: Sie sind überschaubar und mit Hilfe eines versierten Rechtsanwaltes sowie eines sachkundigen Steuerberaters mit medizinischer Ausrichtung stellen sie kein unlösbares Problem dar.

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