4. März 2011

Erst kürzlich hat sich erneut ein Gericht mit den Aufklärungspflichten des Arztes vor einer Operation beschäftigt (OLG Frankfurt, Urt. 16.11.2010, Az. 8 U 88/10) und wieder einmal darauf hingewiesen, dass nicht in jedem Fall auf die Möglichkeit, dass der Patient versterben könnte, das Mortalitätsrisiko, hingewiesen werden muss.

Der Fall zum Mortalitätsrisiko

In vorliegendem Fall lies sich die Patientin aufgrund einer sogenannten Coxarthrose operieren. Ihr sollte eine Hüfttotalendoprothese in das linke Hüftgelenk eingebracht werden. Zuvor wurde sie, ausweislich der Dokumentation, von dem Arzt unter anderem über das Thrombose-/Embolierrisiko sowie das Risiko von Blutungen und Gefäßverletzungen aufgeklärt. Einen Hinweis auf die Möglichkeit des Versterbens erfolgte nicht.

In der Folge geschah jedoch genau dies. Die Patientin verstarb noch vor Ende der Operation als Folge eines Volumenmangelschocks bei retroperitonealer Einblutung ins kleine Becken.

Die von der Mutter der Verstorbenen eingereichte Klage wurde letztendlich abgewiesen, da die Patientin zum einen wirksam eingewilligt habe und zum anderen auch kein Behandlungsfehler vorgelegen habe.

In ihrer Begründung verwiesen die Richter auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der in seiner Entscheidung vom 18.11.2008 (Az. VI ZR 198/07) nochmals klar gestellt habe, dass der Arzt im Aufklärungsgespräch nicht jede, noch so entfernt liegende Gefahrenmöglichkeit nennen müsse. Der Patient müsse „im Großen und Ganzen“ wissen, worin er einwillige, wozu er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden müsse, sofern diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben würden und für seine Entschließung von Bedeutung sein könnten. Ziel des Arztes müsse es sein, seinem Patienten eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifischen mit ihm verbundenen Gefahren zu vermitteln, ohne sie zu beschönigen oder zu verschlimmern.

Da es nach Ansicht des Gerichts als allgemeinkundig gelte, dass jede größere unter Narkose vorgenommene Operation mit allgemeinen Gefahren verbunden ist, die im unglücklichen Fall zu schweren Gesundheitsschäden bis hin zum Tod führen können, musste der Arzt vorliegend nicht über das Risiko des Versterbens aufklären. Dieser sei nur dann erforderlich, wenn es entweder angesichts des gesundheitlichen Risikoprofils des Patienten oder angesichts der dem Eingriff anhaftenden Gefahren als nicht fernliegende Komplikation angesehen werden kann. Dies sei vorliegend nicht gegeben, weil nur die nicht voraussehbare Verkettung unglücklicher Umstände zu einem solch tragischen Verlauf habe führen können.

Fazit zum Mortalitätsrisiko

Das Urteil des OLG hat vorliegend die ständige Rechtsprechung des BGH zu Aufklärungspflichten des Arztes angewandt. Sofern also der Patient den Eingriff nicht erkennbar für gänzlich ungefährlich hält, darf der Arzt aufgrund dessen voraussetzen, dass der Patient mit den allgemeinen Operationsrisiken rechnet; so auch mit dem Mortalitätsrisiko. Eine Aufklärung über noch so entfernte Risiken im Einzelnen ist demnach nicht notwendig.

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