24. September 2015

Viele Ärzte und Zahnärzte kennen das: ihre Ehefrauen oder -männer, Kinder oder andere Familienangehörige helfen in der Praxis mit und unterstützen dadurch den Praxisinhaber. Aber „beschäftigen“ die Praxisinhaber diese Familienangehörigen dann auch tatsächlich als Arbeitnehmer? Und welche Auswirkungen hat das seit 01.01.2015 geltende Mindestlohngesetz (MiLoG) auf die Beschäftigung von Familienangehörigen?

Unproblematisch zu beantworten sind diese Fragen, sofern tatsächlich eine abhängige Beschäftigung, bei dem Praxisinhaber besteht. Laut Bundessozialgericht liegt ein solches vor, wenn:

• die/der mitarbeitende Familienangehörige in den Betrieb eingegliedert ist,
• der Praxisinhaber ein Weisungsrecht ihr/ihm gegenüber hat (Hinweis: bei Verwandten kann das Weisungsrecht abgeschwächt sein),
• das gezahlte Entgelt einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt und über einen freien Unterhalt oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht,
• das Entgelt dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird,
• die steuerliche und buchhalterische Behandlung des Entgelts für ein solches spricht, z. B. Abführung von Lohnsteuer, Verbuchung als Betriebsausgabe, und
• wenn anstelle des Angehörigen eine fremde Arbeitskraft beschäftigt werden müsste.

In diesem Fall unterliegt das Arbeitsverhältnis natürlich auch dem Mindestlohngesetz.

Dies könnte anders sein, wenn die/der Familienangehörige lediglich wegen der familiären Beziehung und daher unentgeltlich oder lediglich für ein kleines „Taschengeld“ in der Praxis mitarbeitet. Dann nämlich liegt kein Arbeitsverhältnis vor, d.h. es ist auch kein Mindestlohn zu zahlen.

Dokumentationspflicht zur Überprüfung der Einhaltung des MiLoG

Als Instrument zur Überprüfung der Einhaltung des MiLoG hat der Gesetzgeber dem Zoll als zuständiger Aufsichtsbehörde unter anderem die Dokumentationspflicht zur Hand gegeben. § 17 MiLoG regelt dazu, dass ein Arbeitgeber, der geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 SGB IV – als solche sind Familienmitglieder oft in der Praxis tätig – beschäftigt, grundsätzlich verpflichtet ist, Beginn, Dauer und Ende der täglichen Arbeitszeit dieser ArbeitnehmerInnen regelmäßig aufzuzeichnen (spätestens am 7. auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Tag) und diese Aufzeichnungen für eine Dauer von mindestens 2 Jahren aufzubewahren.

Von der in § 17 Abs. 3 MiLoG verankerten Möglichkeit, durch Rechtsverordnung Ausnahmen von der Dokumentationspflicht für bestimmte Arbeitnehmergruppen zu regeln, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht: die neue Verordnung zu den Dokumentationspflichten gilt seit 01.08.2015. Diese sieht ausdrücklich keine Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten für in der Praxis des Arbeitgebers beschäftigte nahe Familienangehörige (Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern) des Arbeitgebers vor. Da in Zukunft mit einer deutlich höheren Anzahl von Medizinischen Versorgungszentren zu rechnen ist (wir berichteten bereits hier…), ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass diese Ausnahme von der Dokumentationspflicht auch gilt für vertretungsberechtigte Organe einer juristischen Person oder ein Mitglied eines solchen Organs oder einen vertretungsberechtigten Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft, sofern die Praxis als juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft betrieben wird.

Im Übrigen besteht nach dieser Verordnung keine Aufzeichnungspflicht für Arbeitnehmer mit mehr als € 2.000,– gleich bleibender monatlicher Vergütung.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang schließlich darauf, dass der Arbeitgeber für jeden Arbeitnehmer diejenigen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache bereit zu halten hat, aus denen sich die Erfüllung der beschriebenen Voraussetzungen ergibt.

Fazit:

Durch das Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes sowie der neuen Mindestlohndokumentationspflichtverordnung ist der Mindestlohn auch bei der Praxismitarbeit von Familienangehörigen als Arbeitnehmer zu beachten. Dabei ist die Erfüllung einer ggf. bestehenden Unterhaltspflicht des mitarbeitenden Angehörigen ausschlaggebend für den Arbeitnehmerstatus und damit für die Anwendung des MiLoG. Allerdings besteht für als geringfügig beschäftigte nahe Familienangehörige keine Pflicht, Beginn, Ende und Dauer von deren Arbeitszeit regelmäßig aufzuzeichnen und aufzubewahren.

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