14. Juni 2017

Immer wieder kommt es in Praxen vor, dass ein/e Mitarbeiter/in gekündigt werden muss. Auch wenn in vielen Praxen ein Mangel an Personal besteht, so kann das kein Grund sein den Mitarbeiter um jeden Preis zu halten. Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Da in den meisten Praxen aufgrund der geringen Mitarbeiterzahl das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, können sich die Arbeitnehmer dann nicht darauf berufen, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Es ist allein die Kündigungsfrist, die bei einer Kündigung angegangen werden kann.

In diesem Zusammenhang hat das Bundesarbeitsgerichtes im März 2017 (Az.: 6 AZR 705/15) entschieden, dass bei der Abfassung von Arbeitsverträgen hinsichtlich der Formulierung zur Probezeit und der geltenden Kündigungsfrist besondere Vorsicht geboten ist.

Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis im Rahmen einer Probezeit (von längstens sechs Monaten) ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen nach dem Gesetz gekündigt werden. Doch muss dies eindeutig und schriftlich festgehalten sein.

Kündigung in der Probezeit

Viele Praxen nutzen für die Anstellung von Mitarbeitern vorformulierte Arbeitsverträge, sofern sie überhaupt einen schriftlichen Vertrag schließen. Diese werden in der Regel dann auch nicht inhaltlich auf die Eindeutigkeit der Formulierungen hin überprüft, da Praxisinhaber darauf vertrauen, dass die Musterverträge ausreichenden Schutz bieten. Doch was nichts kostet, ist häufig auch nichts wert. So könnte im „Mustervertrag“ in einer weiteren Klausel eine längere Kündigungsfrist festgelegt sein, ohne explizit deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll. Dies würde dem juristischen Laien zunächst nicht auffallen.

Erst wenn der Mitarbeiter sich gegen die Kündigung wehren will, sucht dieser einen Juristen auf. Dieser prüft den Vertrag und weiß: Zweifel in der Auslegung gehen in aller Regel zulasten des Arbeitgebers. So ist dies im vorliegenden Fall. Nach ständiger Rechtssprechung ist die Sicht eines Arbeitnehmers maßgeblich. Der streitige Arbeitsvertrag enthielt zwei Kündigungsfristen. Wobei nicht explizit darauf hingewiesen wurde, dass die längere Kündigungsfrist erst nach der Probezeit Anwendung finden sollte. Die in­ter­pre­ta­ti­ons­fä­hige Vertragsgestaltung lässt den Schluss zu, dass bereits während der Probezeit die längeren Kündigungsfristen gelten. Für den Praxisinhaber bedeutet dies, dass allein die vertragliche Bestimmung zur Kündigungsfrist nach Ablauf der Probezeit maßgeblich ist. Diese Frist gilt dann auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.

Praxistipp

Missverständlichkeiten im Arbeitsvertrag gehen immer zu Lasten des Arbeitgebers. Es empfiehlt sich daher einen individuell gestalteten Vertrag für die Praxis zu nutzen. In diesem kann der Praxisinhaber seine Vorstellungen umsetzen. Gerade auch weil der Arbeitsvertrag ein gut geeignetes Mittel zur Motivation der Mitarbeiter ist.

Betrachten Sie die Führung und Motivation Ihrer Mitarbeiter nicht als ärgerliches Übel, sondern als eine Chance, Ihren Praxiserfolg ohne große Kosten und hohen Zeitaufwand zu steigern. Indem Sie die arbeitsrechtlichen Gestaltungsmittel einsetzen, klare und verbindliche Handlungsabläufe aufstellen sowie Ihr arbeitsrechtliches Direktionsrecht nutzen, können Sie Ihre Praxis effektiv führen und sind damit den stetig steigenden Herausforderungen des modernen Praxisalltags bestens gewachsen.

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