21. April 2011

Das Europäische Netzwerk gegen Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (EHFCN) will durch das Starten einer europaweiten Kampagne ein Zeichen gegen Korruption und Fehlverhalten im Gesundheitswesen setzen. In vielen größeren Städten in Deutschland existieren bereits entsprechend spezialisierte Schwerpunktstaatsanwaltschaften für den medizinischen Bereich. Der 1. Strafsenat beim OLG Braunschweig hat am 23.02.2010 mit Beschluss (Az.: Ws 17/10) erstmals in der Rechtsprechungsgeschichte den Arzt als Sachwalter der Krankenversicherungen angesehen und eine entsprechende Vermögensbetreuungspflicht des Arztes gegenüber den Krankenversicherungen bejaht. Nunmehr hat sich auch der BGH mit der Klärung dieser Frage zu befassen. Strafrechtsdogmatisch gesehen entscheidet der BGH, ob Ärzte als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen handeln. Die Entscheidung wird am 05.05.2011 erwartet. An diesem Urteil wird sich letztlich die gesamte künftige Strafrechtspraxis ausrichten.

Fällt diese Entscheidung positiv aus, womit durchaus zu rechnen ist, steht eine strafrechtliche Neubewertung der gängigen Praktiken im Gesundheitswesen an.

So können Einladungen zu sogenannten Ärztereisen, aber auch sonstige durchaus in der Vergangenheit als üblich angesehene Vergünstigungen als Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gewertet werden – und dies mit Rückwirkung!Darüber hinaus wird die Anfälligkeit des Vertragsarztsystems für wirtschaftsstrafrechtliche Sachverhalte dadurch verschärft, dass jegliche Harmonisierung der Normenstruktur im Gesundheitswesen fehlt.

Die Auswirkungen dieser Tatsachen auf viele Mitglieder der Gesundheitsbranche können nur erahnt werden. Es steht eine Strafbarkeit wegen Betruges, Bestechung und Bestechlichkeit und in der Folge auch wegen Steuerhinterziehung im Raum. Delikte, deren Relevanz nicht unterschätzt werden darf. Auch die Mitarbeiter werden unter Umständen wegen Beihilfe

Auf die bloße Hoffnung, durch eine angeblich perfekte Verschleierung nicht entdeckt zu werden, sollte man sich angesichts der staatlichen Aufrüstung des Aufklärungsapparates nicht verlassen. Daneben werden insbesondere Selbstanzeigen unter Aspekten des Steuerrechts von Unternehmen aus der Pharmaindustrie zur Folge haben, dass strafrechtlich relevante Sachverhalte von beteiligten Medizinern ans Licht kommen. Dadurch werden unter Umständen wiederum weitere Pharmaunternehmen entdeckt – ein wahrer circulus vitiosus.

Auch nach Einführung des § 128 SGB V über unzulässige Kooperationen zwischen Leistungserbringern bestehen auf dem Markt noch immer sehr unterschiedliche Auffassungen, was erlaubt und was untersagt ist. Vorsicht vor einer zu offensiven, unbedachten Handeln ist daher empfehlenswert. Lassen Sie sich unbedingt von Experten dieses Gebiets beraten.

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