18. September 2015

Wie wir bereits mehrfach berichtet hatten, sind Rabatte, Gutscheine und kostenlose Behandlungen aus rechtlichen Gesichtspunkten unzulässig. Nun hat auch das LG Stuttgart entschieden, dass es einer Zahnarztpraxis nicht erlaubt ist, PZR-Gutscheine für eine kostenlose Durchführung einer ersten professionellen Zahnreinigung an Patienten herauszugeben (LG Stuttgart, Urteil vom 27. Juli 2015, 11 O 75/15).

Was war passiert?

Eine Zahnarztpraxis bot im Dezember des vergangen Jahres als Marketingmaßnahme für Neu-Patienten eine professionelle Zahnreinigung im Wert von 100 € kostenlos an. Die Werbung wurde auf der Internetseite der Praxis eingeblendet, die Gutscheine wurden verteilt. Die Aktion war befristet bis zum 31. Dezember 2014.

An dieser Werbemaßnahme störte sich ein Wettbewerbsverband und verlangte von der Praxis die Unterlassung und die Übernahme der Kosten.

Der Praxisinhaber berief sich darauf, dass die Aktion nur zeitlich beschränkt und die professionelle Zahnreinigung nur von geringem Wert war.

Dieser Auffassung folgte das Landgericht Stuttgart aber nicht. Es verbot diese Werbung, wegen eines Verstoßes gegen die Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes. Nach diesem ist es nicht erlaubt, eine Leistung als Vergünstigung zu gewähren, wenn nicht einer der Ausnahmetatbestände erfüllt ist. Dies war vorliegend nicht der Fall, insbesondere handelt es sich bei einem Gutscheinwert von 100 € nicht um eine geringwertige Leistung.

Tenor

Das Landgericht Stuttgart hat für Recht erkannt:

1.
Der Beklagte wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zur Höchstdauer von insgesamt zwei Jahren, verurteilt, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs kostenlose zahnärztliche Leistungen, insbesondere eine kostenlose professionelle Zahnreinigung, zu bewerben und/oder zu gewähren, wie geschehen in der Werbung gemäß Anlagen K1 und K2 zur Klageschrift vom 20.04.2015.

2.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 246,10 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.06.2015 zu zahlen.

3.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4.
Das Urteil ist gem. Ziff. 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000,00, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: EUR 15.000,00

Leitsatz der Bundeszahnärztekammer zum Urteil

Die Werbung mit einer kostenlosen professionellen Zahnreinigung ist unzulässig, da die PZR auch der Beseitigung oder Linderung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden dient und daher dem Heilmittelwerberecht unterliegt.

Fazit zu PZR-Gutscheine

Gutscheine oder Rabatte sind in bezogen auf ärztliche oder zahnärztliche Behandlungen immer problematisch. Mehrfach haben wir bereits über Entscheidungen berichtet, mit denen solche Marketingmaßnahmen verboten wurden. Neben dem HWG wie in dieser Entscheidung stützen sich die Gerichte dabei oft auf den Verstoß gegen die zwingenden Vorschriften der GOÄ bzw. der GOZ.

Damit ist grundsätzlich davon abzuraten, mit derartigen Aktionen an Patienten heranzugehen.

 

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2 Antworten

  1. Der Unterschied ist, dass in dem einen Fall nur einzelne Gutscheine im Rahmen einer Tombola verlost wurden. In dem anderen Fall wurden Sie in großer Anzahl an Neupatienten ausgegeben.

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